Warum das Altern des Gehirns bei Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann
Eine neue Studie, basierend auf Daten der Lothian Birth Cohorts in Schottland, zeigt, dass rund die Hälfte der Unterschiede in der kognitiven Leistung im höheren Alter bereits in der Kindheit angelegt sein könnte. Während manche Menschen im Alter deutlicher geistige Einbußen erfahren, scheinen andere Faktoren im Erwachsenenleben dennoch eine Rolle zu spielen und das Altern des Gehirns zu verlangsamen. Zu diesen Faktoren zählen körperliche und geistige Aktivität, ein gesundes Herz-Kreislauf-System, das Erlernen einer zweiten Sprache und das Spielen eines Musikinstruments.
Kleine Verbesserungen statt „Wundermittel“
Simon Cox, Autor der Studie und Direktor der Lothian Birth Cohorts-Studien an der University of Edinburgh, beschreibt die Herangehensweise als „Marginal Gains, Not Magic Bullet“. Statt einer einzigen Lösung sieht Cox viele kleinere Faktoren, die zusammengenommen rund 20 % der beobachteten Unterschiede in der kognitiven Leistungsfähigkeit von Menschen im Alter zwischen 70 und 82 Jahren erklären können.
Daten aus Langzeitstudien: Die Auswirkungen von Zuckerrationierung und Lebensgewohnheiten
Die Lothian Birth Cohorts umfassen Langzeitdaten von zwei Gruppen schottischer Erwachsener, die 1921 bzw. 1936 geboren wurden. Beide Gruppen führten mit elf Jahren einen kognitiven Test durch und wurden in ihren 70ern, 80ern und 90ern erneut in ihren geistigen Funktionen getestet. Die ersten MRT-Scans der Teilnehmer erfolgten im Alter von 73 Jahren. Dabei zeigten sich große Unterschiede: Während einige Gehirne trotz des hohen Alters gesund aussahen, zeigten andere klare Anzeichen von Schrumpfung und Schädigung der weißen Substanz – Gewebe, das für die Kommunikation zwischen Gehirnzellen verantwortlich ist und das für kognitive Funktionen unerlässlich ist.
Lifestyle-Faktoren und ihre Auswirkungen auf das Gehirnalter
Die Studie zeigt, dass sich bestimmte Lebensgewohnheiten positiv auf das Gehirnalter auswirken. Faktoren wie Bewegung, der Verzicht auf Alkohol und Tabak, gesunde Ernährung und soziale Kontakte scheinen das Risiko für kognitiven Abbau zu senken. Ein wesentlicher Aspekt ist das Zusammenspiel dieser Faktoren. So können eine gute allgemeine Gesundheit, regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung das Gehirn stärken und das Risiko für Demenz und Schlaganfall mindern. Laut einer 2018 durchgeführten Studie könnten regelmäßiges Gehen oder Radfahren kognitive Fähigkeiten verbessern. Auch eine herzgesunde Ernährung und Meditation können das Altern des Gehirns verlangsamen.
Das „Brain Care Score“-Modell: Ein Werkzeug zur Einschätzung des Demenzrisikos
Forscher entwickelten das sogenannte Brain Care Score, ein 21-Punkte-Tool, das auf 12 Gesundheitsfaktoren beruht. Diese Faktoren umfassen Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin, Körpergewicht, Ernährung, Alkohol- und Tabakkonsum, aerobe Aktivitäten, Schlaf, Stress, soziale Beziehungen und den Sinn im Leben. Eine hohe Punktzahl auf diesem Score deutet auf ein niedrigeres Risiko für Demenz und Schlaganfälle hin.
Jährliche Untersuchungen zur Förderung der Gehirngesundheit
Dr. Richard Isaacson, Direktor am Institute for Neurodegenerative Diseases in Florida, empfiehlt, mindestens einmal im Jahr eine ärztliche Untersuchung durchführen zu lassen, um den eigenen körperlichen und vaskulären Gesundheitszustand zu prüfen. Hoher Blutdruck, Blutzucker und Cholesterinwerte sind Risikofaktoren, die das Altern des Gehirns beschleunigen können. Darüber hinaus spielt auch die Knochengesundheit eine Rolle. Studien belegen, dass Knochendichte, Muskelkraft und Griffstärke langfristig die Gehirngesundheit beeinflussen und daher regelmäßig kontrolliert werden sollten.
Fazit: Ein umfassender Ansatz für eine gesunde Gehirnalterung
Zusammenfassend zeigt die Forschung, dass das Altern des Gehirns nicht nur durch genetische Veranlagung bestimmt wird, sondern auch durch zahlreiche kleine und kumulierte Einflüsse. Durch bewusste Entscheidungen in den Bereichen Ernährung, Bewegung, soziale Kontakte und Vorsorge können Menschen aktiv zu einer gesunden Gehirnentwicklung beitragen und ihr Risiko für kognitive Einbußen im Alter senken.