Ursachen von Allergien
Wenn der Verdacht auf eine Allergie besteht – zum Beispiel wegen Schnupfens, Juckreiz in Augen, Nase oder Gaumen, Rötungen oder juckenden Quaddeln auf der Haut, unklarer Magen-Darm- Beschwerden, Müdigkeit und Abgeschlagenheit -, ist eine gründliche ärztliche Untersuchung erforderlich.
Der erste Ansprechpartner sollte immer der Hausarzt sein, der Sie dann – je nachdem, welche Organe betroffen sind – an einen Spezialisten für Hals-Nasen-Ohren-, Lungen-, Haut- oder Augenheilkunde oder an eine andere Facharztpraxis überweisen wird. Wichtig ist, dass es sich dabei um Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Allergologie“ handelt, denn eine Allergiediagnostik muss von erfahrenen Experten durchgeführt werden.
Die Allergiediagnostik umfasst in der Regel vier Stufen: Sie beginnt mit einer sorgfältigen Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), während der sich der Arzt auch danach erkundigt, ob es in der Familie bereits allergische Erkrankungen gibt. Die zweite Stufe besteht aus einem Hauttest, die dritte aus einem Labortest. Daran kann sich als vierte Stufe ein Provokationstest anschließen. Nicht in allen Fällen müssen sämtliche Tests durchgeführt werden. Beim Verdacht auf Asthma sind noch weitere spezielle Untersuchungen erforderlich.
Ein Allergie-Tagebuch – die beste Vorbereitung auf den Arztbesuch
Wenn Sie eine Zeitlang genau und kontinuierlich ein Allergie- Tagebuch führen, liefern Sie Ihrem Arzt wichtige Hinweise sowohl auf die jeweilige Allergieart als auch auf die Auslöser, die die lästigen Symptome hervorrufen. Ihre Selbstbeobachtung können Sie ganz einfach trainieren, indem Sie möglichst exakt die folgenden Punkte notieren:
• Wann hatten Sie die Beschwerden zum ersten Mal?
• Treten sie nur zu bestimmten Jahreszeiten auf? Falls ja, in welchen Monaten? Oder haben Sie das ganze Jahr über damit zu tun?
• Wie äußern sich die Symptome (zum Beispiel Juckreiz in Augen, Nase oder Gaumen, Schnupfen, Atemnot, Rötungen oder Quaddeln auf der Haut oder in Magen-Darm-Beschwer- den) und wie stark sind sie?
• Kommt es eher in der Natur oder eher in Innenräumen zu Beschwerden?
• Welche Rolle spielt der Verzehr bestimmter Nahrungsmittel (etwa Milch, Nüsse, Fisch, Obst und Gemüse) oder die Einnahme von Medikamenten, die Anwendung von Kosmetikprodukten, das Tragen von Schmuckstücken, der Kontakt mit Kleidungsstücken, mit Reinigungsmitteln oder anderen Chemikalien?
• Wann verschlechtern sich die Symptome, wann bessern sie sich? (Zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Freizeit, im Urlaub, zu unterschiedlichen Tageszeiten oder bei bestimmten Wetterlagen, etwa bei feuchtem oder bei trockenem Wetter, oder bei besonderen Aktivitäten – etwa beim Bettenmachen oder Staubsaugen, beim Sport, bei der Zubereitung von Speisen oder beim Kontakt mit Tieren?)
• Gibt es Situationen oder Zeiten, in denen Sie völlig beschwerdefrei sind? (Zum Beispiel während der Wintermonate, am Wochenende oder wenn Sie auf Reisen sind?)
• Was haben Sie bislang unternommen? Welche Arzneimittel nehmen Sie in welcher Dosis ein?
• Wurde eine (vorübergehende) Linderung mit anderen Behandlungsverfahren, zum Beispiel mit Entspannungsmethoden oder durch eine Psychotherapie erzielt?
Ein Allergie-Tagebuch gibt dem Arzt Aufschluss über die Art und Schwere der Erkrankung und erlaubt ihm, das breite Spektrum allergieauslösender Stoffe gezielt einzugrenzen. Außerdem ermöglichen Aufzeichnungen, die über einen längeren Zeitraum gemacht werden, eine detaillierte Verlaufskontrolle Ihrer Beschwerden.
Regelmäßige Eintragungen
Es ist wichtig, dass Sie das Tagebuch sorgfältig und regelmäßig führen. Beobachten Sie die Symptome einige Wochen lang. Das ist zwar mit etwas Aufwand verbunden, doch die Mühe lohnt sich. Denn je besser Sie die Auslöser Ihrer Beschwerden kennen, desto schneller kann eine gezielte Therapie eingeleitet werden.
Die verschiedenen Hauttests
Es gibt unterschiedliche Hauttests, die jedoch alle auf demselben Prinzip basieren: Auf die Haut der Patienten werden – meist am Rücken oder am Unterarm – bestimmte Allergenextrakte aufgetragen, die bei sensibilisierten Menschen an den jeweiligen Stellen eine Rötung oder eine Anschwellung (Quaddel) hervorrufen.
Damit Botenstoffe wie das Histamin freigesetzt werden und so die allergische Entzündungsreaktion auslösen, müssen die Allergene zuvor die Hornschicht durchdringen und sich in tieferen Hautschichten mit den Antikörpern verbinden. Bei Patienten, die unter Herz-Kreislauf-Beschwerden leiden oder die Betarezeptorenblocker einnehmen, können Hauttests eine sogenannte systemische Reaktion auslösen. Das bedeutet, dass es in weiteren Organen zu allergischen Symptomen kommt. Dies ist jedoch nur sehr selten der Fall. Infektionen, die durch Hauttests hervorgerufen werden, sind ebenfalls die Ausnahme.
Bei Kleinkindern und bei Patienten mit schweren Hauterkrankungen werden in der Regel keine Hauttests, sondern Blutuntersuchungen durchgeführt. Je nachdem, ob es sich bei der Allergie um eine Sofort- oder um eine Spätreaktion handelt, kommen unterschiedliche Testverfahren infrage. Bei Sofortreaktionen haben insbesondere der Pricktest, der Intrakutantest und der Reibtest einen hohen Stellenwert, bei Spätreaktionen dagegen vor allem der Epikutantest.
Pricktest
Beim Stich- oder Pricktest werden unterschiedliche Allergenextrakte auf die Haut aufgetragen. Danach wird die Haut durch den Allergentropfen hindurch mit einer Spezialnadel leicht geprickt. Das Ergebnis lässt sich bereits nach 15 bis 20 Minuten ablesen: Je größer die Rötung oder die Quaddelbildung ist, desto deutlicher ist der Hinweis auf eine Sensibilisierung durch das jeweilige Allergen.
Ein Pricktest kann aufschlussreich sein, wenn der Verdacht auf folgende Erkrankungen besteht:
• allergischer Schnupfen,
• Asthma,
• Neurodermitis (atopisches Ekzem),
• Nesselausschlag (Urtikaria),
• Nahrungsmittelallergie,
• Medikamentenallergie,
• Insektengiftallergie.
Scratchtest
Ganz ähnlich funktioniert der Ritz- oder Scratchtest. Hier wird jedoch nicht in die Haut gestochen, sondern sie wird nur leicht angeritzt. Da die damit verbundene Hautverletzung Überreaktionen begünstigt und das Ritzen außerdem ein wenig schmerzhafter ist als der Stich beim Pricktest, wendet man den Scratchtest meist nur beim Verdacht auf Nahrungsmittelallergien an.
Intrakutantest
Beim Intrakutantest werden die Allergenlösungen mit einer feinen Kanüle in die Haut gespritzt. Die Einsatzbereiche ähneln denen des Pricktests. Allerdings können mit dem Intrakutantest auch schwächere Sensibilisierungen als beim Pricktest erfasst und Allergenlösungen in geringerer Konzentration verwendet werden. Dafür treten bei diesem Test häufiger Komplikationen auf. Weil das Risiko für allergische Reaktionen in anderen Organen beim Intrakutantest höher und der Test außerdem unangenehmer ist, sollte er aus Sicherheitsgründen nur durchgeführt Epikutantest: Die Pflaster werden, wenn ein vorangegangener Pricktest einen begründeten enthalten Testsubstanzen. Verdacht auf bestimmte Allergien nicht bestätigt.
Tipp
Was Sie bei Hauttests beachten sollten
• Die Haut muss sauber sein, damit es nicht zu Infektionen kommt.
• Tragen Sie am Testtag auf den entsprechenden Hautstellen keinerlei Salben, Cremes, Körperlotionen oder andere Kosmetika auf.
• Achten Sie darauf, dass in der Zeit vor der Testung keine Hautreizungen durch physikalische oder chemische Einwirkungen entstehen.
• Bestimmte Arzneimittelsubstanzen können Hautreaktionen unterdrücken. Das gilt insbesondere – aber nicht ausschließlich für Antiallergika. Informieren Sie deshalb Ihren Arzt vor den jeweiligen Tests über sämtliche Medikamente, die Sie einnehmen.
Reibtest
Der Reibtest wird häufig beim Verdacht auf Nahrungsmittelallergien angewendet. Dabei wird die zu testende Substanz auf die vorher mit Alkohol entfettete Haut gerieben. Bei Patienten, die hochgradig sensibilisiert sind, lässt sich dadurch bereits eine Reaktion auslösen. Der Reibtest ist relativ leicht durchführbar. Da er aber weniger aussagekräftig ist als der Pricktest, sollte letzterer auch bei Hinweisen auf eine Nahrungsmittelallergie bevorzugt werden.
Epikutantest Beispiel
Epikutantest
Ein Epikutantest (er heißt auch Pflasteroder Läppchentest) ist sinnvoll, wenn der Verdacht auf ein Kontaktekzem besteht. Dazu werden Pflaster mit den jeweiligen Testsubstanzen (zum Beispiel Nickel, Kosmetika, bestimmte Arbeitsstoffe) auf den Rücken der Patienten geklebt. Da es sich bei Kontaktekzemen um eine „Überempfindlichkeitsreaktion vom verzögerten Typ“ handelt, kann der Arzt das Ergebnis erst nach zwei bis drei Tagen ablesen.
Kein Epikutantest bei Schwangeren und Stillenden
Zahlreiche Stoffe, die bei einem Epikutantest eingesetzt werden, sind toxikologisch nicht unbedenklich. Auch wenn es sich dabei nur um geringe giftige Mengen und um eine kurze Anwendung handelt, lassen sich die Risiken für den Embryo und den Säugling kaum beurteilen. Deshalb sollten Sie während der Schwangerschaft und der Stillzeit sicherheitshalber keinen Epikutantest durchführen lassen, sondern ihn auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Der richtige Umgang mit Testpflastern
• Sie dürfen an dem Tag, an dem das Pflaster aufgeklebt wird, vorher keine Pflegesalben an den entsprechenden Hautstellen (am Rücken oder an den Unterarmen) auftragen, da diese die Haftfähigkeit des Pflasters mindern und außerdem das Testergebnis beeinflussen können.
• Während der Tage an denen Sie das Pflaster tragen, sollten Sie es unbedingt vor Feuchtigkeit schützen. Deshalb dürfen Sie weder duschen noch baden und sich die jeweiligen Stellen nicht waschen. Vermeiden Sie auch körperliche Anstrengungen und Sport, damit Sie nicht schwitzen.
Tipp
• Wenn Sie in Ihrem Beruf schweißtreibende Arbeiten verrichten, kann eine Krankschreibung erforderlich sein.
• Verzichten Sie auf besondere Wärme oder Sonneneinwirkung an den entsprechenden Hautpartien. Gehen Sie an diesen Tagen weder ins Solarium noch in die Sauna.
• Bei hohen Temperaturen können sich die Pflaster durch das Schwitzen leicht ablösen. Deshalb sollte der Epikutantest möglichst nicht im Hochsommer durchgeführt werden.
Atopie-Patch-Test
Bei diesem Verfahren werden die vermuteten Allergene ebenfalls auf die Haut aufgetragen und das Ergebnis ähnlich wie beim Epikutantest erst nach 48 bis 72 Stunden abgelesen. Es eignet sich besonders für Patienten, bei denen ein Verdacht auf Neurodermitis besteht, der sich jedoch in einem vorangegangenen Pricktest nicht nachweisen ließ. Die Gegenanzeigen entsprechen denen des Epikutantests.
Laboruntersuchungen
Blutuntersuchungen können zur Ergänzung von Krankengeschichte und Hauttests dienen. Unter bestimmten Voraussetzungen sind sie besser geeignet als Hauttests. Das ist zum Beispiel bei Kleinkindern der Fall, bei Patienten, die an ausgedehnten Hauterkrankungen oder an Tumoren leiden oder die die Einnahme von Medikamenten gegen Allergien nicht unterbrechen dürfen. Außerdem bergen Blutuntersuchungen keine Risiken. Bei den verschiedenen Verfahren kann der Gehalt des Gesamt – Immunglobulin-E oder auch allergenspezifisches IgE ermittelt werden. Beide Untersuchungen sind für die Diagnostik wichtig. Die Bestimmung des Gesamt-IgE lässt noch keine Rückschlüsse darüber zu, ob bei dem Patienten eine Sensibilisierung gegen ein bestimmtes Allergen besteht. Ein hoher Gesamtspiegel Immunglobulin-E deutet zwar auf eine Überempfindlichkeit gegen mehrere Allergene hin. Allerdings kommen erhöhte IgE-Antikörper nicht nur bei allergischen Erkrankungen vor, sondern (wenngleich weniger stark ausgeprägt) auch bei anderen entzündlichen Hautkrankheiten, bei Wurmbefall sowie bei einigen Erkrankungen von Leber und Nieren.
Die praktische Bedeutung von Labortests
Liefert die Laboruntersuchung den Nachweis auf ein allergen-spezifisches IgE – zum Beispiel gegen Birkenpollen bedeutet das lediglich, dass bei Ihnen eine Empfindlichkeit (Sensibilisierung) gegen Birkenpollen besteht. Das heißt aber nicht, dass Sie tatsächlich zur Zeit der Birkenpollenblüte Heuschnupfen oder allergisches Asthma bekommen. Ob die Sensibilisierung im alltäglichen Leben von Bedeutung ist (in der Fachsprache spricht man von der „klinischen Relevanz“ eines Allergens), lässt sich anhand eigener Beobachtungen sowie durch einen Provokationstest ermitteln.
Laboruntersuchungen, mit denen sich die Konzentration allergenspezifischer Antikörper bestimmen lässt, liefern einen wichtigen Hinweis auf eine konkrete Sensibilisierung – zum Beispiel gegen bestimmte Blütenpollen oder Nahrungsmittel. Als Standarduntersuchung gilt der sogenannte RAST (Radio-Allergo-Sorbens- Test). Allergenspezifische Tests sind jedoch mit einem höheren Kostenaufwand verbunden als die Bestimmung des Gesamt-IgE. Deshalb setzen Ärzte sie in der Regel nur gezielt ein, nachdem sie im Rahmen der Anamnese eine Auswahl derjenigen Allergene getroffen haben, gegen die spezifisches IgE ermittelt werden soll.
Provokation Tests
Provokation Tests
Haben andere Tests unklare oder widersprüchliche Ergebnisse geliefert, können Provokationstests sinnvoll sein. Mit diesen Verfahren lässt sich die Überempfindlichkeit gegen verdächtige Stoffe gezielt nachweisen. Im Unterschied zu Hauttests geschieht dies nicht über die Haut, sondern die vermuteten Allergene werden inhaliert, geschluckt, auf die Schleimhäute von Nase, Augen oder Bronchien aufgetragen oder gespritzt. Mit den einzelnen Provokationstests lässt sich gut erkennen, ob und wie sich bestimmte Allergene auf die jeweiligen Organe auswirken. Welche Art von Provokationstest durchgeführt wird, hängt von der vermuteten Allergie ab. So wird zum Beispiel bei Verdacht auf Heuschnupfen die nasale Provokation eingesetzt, bei Hinweisen auf Asthma die inhalative Provokation und bei einer vermuteten Lebensmittelallergie die Provokation mit Nahrungsmitteln.
Vorsicht bei Provokationstests
Alle Provokationstests bergen Risiken. Sie dürfen sie nicht durchführen lassen, während Sie akute Beschwerden haben (zum Beispiel entzündliche Erkrankungen der Nase oder Nasennebenhöhlen), da sich die jeweiligen Symptome durch die Tests verstärken können.
Wie intensiv ein Patient auf den geschluckten, inhalierten oder gespritzten Stoff reagiert, ist nicht vorhersehbar. Im schlimmsten Fall kann der lebensbedrohliche anaphylaktische Schock auftreten.
Provokationstests sollten deshalb nur in streng begründeten Fällen – und aus Sicherheitsgründen immer stationär oder in spezialisierten Praxen durchgeführt werden. Es ist sehr wichtig, dass erforderliche Gegenmittel und Apparate bereitstehen und ein erfahrener Arzt anwesend ist, der bei einem Notfall sofort eingreifen kann.
Allergiepass – ein gewisser Schutz
Nach Abschluss der Untersuchungen sollten Sie sich von Ihrem Arzt einen Allergiepass ausstellen lassen. Darin werden alle Substanzen aufgeführt, auf die Sie allergisch reagieren. In Notfällen kann ein Allergiepass lebensrettend sein. Tragen Sie ihn deshalb immer bei sich und legen Sie ihn bei einem Praxiswechsel oder im Krankenhaus vor und wenn Sie sich in der Apotheke Medikamente besorgen – auch dann, wenn diese rezeptfrei sind.
Dieser Pass sollte Sie auch bei Auslandsaufenthalten und Urlaubsreisen begleiten – möglichst in einer englischsprachigen Version oder übersetzt in die jeweilige Landessprache.
Sind Sie gegen bestimmte Lebensmittel oder Nahrungsmittelzusätze allergisch und im Ausland unterwegs, so empfiehlt es sich ebenfalls, eine englischsprachige Liste der „Auslöser“ einzupacken. (Informationen zur Behandlung von Allergien finden Sie in den folgenden Kapiteln, in denen die einzelnen allergischen Erkrankungen erörtert werden.)