Prophylaktische Impfung und das Entstehen der klinischen Allergologie
Das Entstehen der klinischen Allergologie als medizinisches Spezialgebiet kann auf bedeutende Entwicklungen der biomedizinischen Wissenschaft und der klinischen Praxis in britischen Laboratorien und Krankenhäusern um 1900 zurückgeführt werden. Die erste und auch größte Klinik für allergische Erkrankungen in England war die Impfabteilung des St. Mary’s Hospital in London, die von Sir Almroth Wright (1861-1947) gegründet und viele Jahre lang geleitet worden war. Nach seinem Abschluss in Medizin 1883 am Trinity College in Dublin tat sich Wright mit Forschungen auf dem Gebiet der Pathologie hervor und war zuerst in Deutschland, später dann in London, Cambridge und Sydney tätig, bevor er 1892 zum Professor für Pathologie an die Army Medical School (Medizinschule der Armee) in Netley berufen wurde. Wrights Frühwerk konzentriert sich insbesondere auf die Entwicklung von Impfstoffen zur Stimulation aktiver – im Gegensatz zu passiver – Immunität gegen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Typhus, Cholera, Tuberkulose und Hautinfektionen durch Staphylokokken. 1902 verließ Wright Netley, um Leiter der Pathologie am St. Mary’s Hospital zu werden, wo er seine einflussreichen Forschungen zur Immunisierung sowohl im Labor als auch in der Praxis weiterverfolgte.
Ermuntert durch die begeisterte Aufnahme seines Buches über die „Vakzintherapie“ (das Impfstoffe zur Behandlung akuter Infektion empfahl), gründete Wright in St. Mary’s eine Abteilung für therapeutische Impfung. Entscheidend war, das Wright 1908 einen lukrativen Vertrag mit dem amerikanischen Pharmaunternehmen Parke, Davis & Company abschließen konnte, was jahrelang deutlichen Einfluss auf die Forschung hatte. Obwohl einige Kollegen Wrights Verbindung mit der Industrie kritisch und die Freiheit der Forschung in Gefahr sahen, garantierte der Vertrag mit Parke, Davis & Company in Wirklichkeit das Überleben der Abteilung und finanzierte letzten Endes eben auch die Forschung zur Behandlung allergischer Krankheiten.
Da Wright von der zeitgenössischen Literatur in den Himmel gehoben, 1906 zum Ritter geschlagen und zum „britischen Pasteur“ hochgejubelt wurde, war seine Abteilung natürlich für manchen vielversprechenden Klinikarzt und Wissenschaftler interessant. 1904 lernte Wright John Freeman kennen, einen jungen Medizinstudenten an St. Mary’s. Nachdem Freeman 1905 seinen Abschluss in Medizin gemacht und einige Zeit am Pasteur-Institut in Paris studiert hatte, kehrte er in Wrights Forschungsabteilung zurück, wo er sich insbesondere Wrights Erforschung der Vakzintherapie widmete.
1907 konnte Freeman seinen Studienfreund Leonard Noon (1877-1913) davon überzeugen, in St. Mary’s zu ihm zu stoßen. Noon war nach seinem Medizinstudium in Cambridge und St. Bartholomew’s und seiner gemeinsamen Studienzeit mit Freeman in Paris am Lister-Institut tätig gewesen, wo er die Wirkung verschiedener antiseptischer Mittel zur Wunddesinfektion erforscht hatte.65 Zu Beginn seiner Zeit in St. Mary’s untersuchte er noch die digestiven, opsonischen und bakterientötenden Eigenschaften von Eiter, doch schon 1908 dehnte er sein klinisches Interesse an der Immunisierung auch auf die Entwicklung von Impfstoffen gegen Heuschnupfen aus.
Obwohl es sich hierbei nur um eine von vielen Richtungen handelte, in der in Wrights Abteilung, wo die Ideen für „Forschungen so reichhaltig wie die Brombeeren waren“, geforscht wurde, beschäftigte der Heuschnupfen Noon bis zu seinem frühen Tuberkulosetod im Jahre 1913 und nahm Freemans gesamtes Berufsleben sowohl im Labor als auch am Krankenbett bis zu seinem Tod 1962 in Anspruch.
Die zentralen Punkte von Noons und Freemans Heuschnupfenansatz wurden erstmals 1911 durch zwei wegweisende Veröffentlichungen in der Lancet bekannt gemacht. Im ersten Artikel lieferte Noon erste Einzelheiten zu dem diagnostischen und therapeutischen Protokoll, das er zusammen mit Freeman für Heuschnupfenpatienten entworfen hatte. Noon fasste Heuschnupfen als „eine Art wiederkehrender Katarrh, der bestimmte Menschen in den Monaten Mai, Juni und Juli befällt“ auf. Indem er voraussetzte, das Leiden würde von einer idiosynkratischen Anfälligkeit auf „ein lösliches, in Graspollen befindliches Toxin“ verursacht, erklärte Noon, dieses könnte man schnell diagnostizieren, wenn man „ein wenig Graspollenextrakt ins Auge eines Menschen tropft“ und die Reaktion abwarten würde. Dasselbe Verfahren diente auch zur Beobachtung der Wirkung der Behandlung. Überzeugt, eine passive Immunisierung mit einem speziellen Serum, wie zum Beispiel dem „Pollantin“ (das von William Dunbar hergestellt und vermarktet worden war), sei nicht nur „schwierig und aufwändig“, sondern auch „nicht dazu gedacht, eine dauerhafte Heilung herbeizuführen“, schlug Noon vor, „die Erzeugung einer aktiven Immunität“ gegen das Pollentoxin könnte zu einem befriedigenderen Ergebnis führen. Zu diesem Zweck führte er Experimente durch, die bestimmen sollten, „welchen Grad an Immunität man bei Heuschnupfenpatienten durch die Impfung mit Pollentoxin hervorrufen kann, wie diese Impfungen am besten dosiert werden und ob die Erkrankung auf diese Weise dauerhaft kuriert werden kann“.
Zwischen Herbst 1910 und Frühling 1911 wurde eine kleine Zahl von Heuschnupfenpatienten subkutan mit immer stärkeren Dosierungen eines Extraktes aus Phleum pratense oder Timotheusgras geimpft, das Noons Schwester Dorothy gesammelt hatte und das nachgewiesenermaßen den wirksamsten Extrakt lieferte. Obwohl er zugeben musste, dass noch weitere Untersuchungen nötig waren, war Noon dennoch verhalten optimistisch angesichts der sofortigen Impfergebnisse:
Mit diesen Experimenten konnte nachgewiesen werden, dass die Anfälligkeit von Heuschnupfenpatienten durch ganz exakte Do-sierungen – mindestens hundertfach verdünnt – verringert werden kann, wohingegen ein zu starkes oder zu häufiges Impfen nur zu größerer Anfälligkeit führt. Es muss noch nachgewiesen werden, ob eine auf diesem Weg erzielte Immunität ausreicht, die Patienten ohne Beschwerden durch ihre jährlichen Heuschnupfenanfälle durch den Sommer kommen zu lassen.
Auf Noons Artikel folgte noch im selben Jahr Freemans ausführlicher Aufsatz über die Behandlung der ersten 20 Patienten in St. Mary’s. Zusätzlich zu dem Verfahren zur Herstellung, Quantifizierung und Anwendung der verschiedenen Pollenextrakte beschrieb Freeman sorgfältig die Dosierung und den zeitlichen Abstand zwischen den Impfungen, aber auch die klinische Einschätzung der anhand der „Ophthalmo-Reaktion“ gemessenen steigenden Pollenwiderstandsfähigkeit der Patienten und deren Selbsteinschätzung der Behandlungswirkung.
Im Verlauf der Experimente führte Freeman, zumindest vorläufig, die Kreuzreaktivität gegen verschiedene Graspollen ein, das heißt, es wurde gegen eine Pollenart geimpft, um gegen die Anfälligkeit für andere Pollen eine Immunität herbeizuführen. Nachdem er mögliche Fehlerquellen bei seinen Ergebnissen ausgeschlossen hatte (wie die Voreingenommenheit des Forschers, die psychologischen Erwartungen einer Heilung seitens des Patienten und die Möglichkeit, dass der Pollenflug in jenem Jahr besonders schwach gewesen sein könnte), zeigte sich Freeman von der Wirkung der Impfung begeistert:
Wenn man alle Fälle zusammen ansieht, besteht wohl kaum Zweifel daran, dass die Symptome deutlich besser geworden sind. Diese Verbesserung machte sich auf verschiedene Weise bemerkbar: weniger Anfälle, schwächere Anfälle als in den Vorjahren, ein schnelleres Abklingen des Anfalls, nicht so starkes allgemeines Unwohlsein, schwächeres Asthma. Diejenigen, die zu Beginn der Behandlung schon an Heuschnupfen litten, waren nach eigenen Angaben besonders begeistert, wahrscheinlich, weil sie erst vor Kurzem daran erinnert worden waren, was Heuschnupfen bedeutet.
Freeman beunruhigte das Fehlen einer genauen Erklärung der medizinischen Wirkung der Impfung offenkundig nicht und er behauptete, dass der „Anstieg von durch Pollenvakzin hervorgerufener Immunität schon an sich der beste Beleg für die Zuverlässigkeit dieser Behandlungsmethode ist, egal, ob prophylaktisch oder phylaktisch“.
Drei Jahre darauf, kurz nach Noons Tod, veröffentlichte Freeman eine auf den neusten Stand gebrachte Fassung, in der er festzustellen versuchte, wie lange eine Vakzinkur von den Heuschnupfensymptomen befreit. Anhand von beobachteten Patienten kam er zu dem Schluss, dass eine vollständige Injektionsreihe Heuschnupfenpatienten nicht nur für das laufende Jahr schützen würde, sondern mindestens noch für eine weitere Heuschnupfensaison. Nach Darlegung einiger möglicher Gründe für das Versagen prophylaktischer oder therapeutischer Impfungen bei einigen Patienten, kam er auch erstmals auf das zu sprechen, was seine feste persönliche Überzeugung von der Überlegenheit der „erfahrungsgestützten“ gegenüber der „statistischen“ Methode bei der Beurteilung von Behandlungsergebnissen werden sollte: „Aber nur wenige Menschen, und die auch nur unter besonderen Umständen, richten sich nach Statistiken. Sie richten sich stattdessen nach der Erfahrung, entweder der eigenen oder der anderer. Und es erscheint reizvoll, in Erwägung zu ziehen – was mich anbelangt, bin ich davon überzeugt -, dass diese Richtung der Vakzintherapie durch Empathie erfolgversprechend ist.“ Wie Christopher Lawrence und George Weisz nachgewiesen haben, war die Bevorzugung der klinischen Anschauung gegenüber der statistischen Auswertung von Daten und der klinischen Ganzheitlichkeit gegenüber der Spezialisierung unter einer bestimmten Kategorie von Klinikärzten jener Zeit nicht unüblich. Diese Haltung wurde in der Zwischenkriegszeit zu einem charakteristischen Zug der Arbeit von Freeman und seiner Kollegen in der Allergieabteilung von St. Mary’s.
Noons und Freemans Bemühungen, die Anfälligkeit für Pollen zu reduzieren, ist nicht der erste Versuch, Patienten auf diesem Weg gegen Fremdstoffe immun zu machen. Im Jahre 1900 hatte der New Yorker Arzt H. Holbrook Curtis über eine von ihm so benannte „Heuschnupfenimmunisierungsbehandlung“ berichtet. Anregt durch eine Patientin, die sich selbst gegen gewisse Substanzen abgehärtet hatte, indem sie „eine Tinktur oder einen Sirup tropfenweise mehrere Tage lang“ eingenommen hatte, wandte Curtis dieselbe Methode zur Behandlung einer 35-jährigen Frau an, die charakteristischerweise „neurasthenisch“ war und aus einer „der bekanntesten Familien von St. Louis“ stammte. Indem er ihr „den wässrigen Auszug bestimmter Blumen und ihrer Pollen ebenso oral wie durch die hypodermische Injektion kleiner Mengen“ zukommen ließ, brachte Curtis eine Verträglichkeit von Rosen, Veilchen und Maiglöckchen zustande. Von diesem Ergebnis ermutigt, versuchte Curtis das von ihm so benannte „rag-weed corasthma“ zu behandeln, wobei er einer einfach einzunehmenden Tinktur den Vorzug vor der hypodermischen Behandlung gab. Dazu setzte er Pollen des Beifußblättrigen Traubenkrauts ein, die ihm ein bei einem Pharmaunternehmen angestellter Botaniker besorgte. Die praktischen Erfolge waren so bemerkenswert, dass Curtis annahm, würden seine Versuche von anderen bestätigt, wären sie wohl „eine große Entdeckung“.
In England wandte 1908 der Londoner Arzt Alfred T. Schofield eine ähnliche Methode an. Er konnte über den erfolgreichen Versuch berichten, eine durch die idiosynkratische Unverträglichkeit von Eiern hervorgerufene Urtikaria und Asthma zu kurieren, indem er einem 13- jährigen Jungen Pillen verabreicht hatte, die eine allmählich steigende Menge an Frischei enthielten. Doch bei der Ausarbeitung ihrer Behandlungsmethode scheinen Noon und Freeman die vorangegangenen Versuche von Curtis und Schofield zur Immunisierung gegen Heuschnupfen und eine Nahrungsmittelunverträglichkeit nicht berücksichtigt zu haben. Auch scheinen sie ihre klinischen Untersuchungen weder zur immer weiter anwachsenden physiologischen Anaphylaxieliteratur noch zur spekulativen Pathologie, die die experimentelle Anaphylaxie und allergische Reaktionen mit menschlichen Überempfindlichkeiten in Verbindung brachte, in Beziehung gesetzt zu haben.
Es muss im Gegenteil festgehalten werden, dass Noon und Freeman im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Autoren (wie etwa Humphry Rolleston) dem Trend, schnell die älteren Auffassungen von Idiosynkrasie und Unverträglichkeit in die neue Terminologie der Allergie und Anaphylaxie zu integrieren, nicht gefolgt sind. Abgesehen von einer beiläufigen Bezugnahme auf Besredkas Buch über die „Anti-Anaphylaxie“ und der gelegentlichen (aber ziemlich widerstrebenden) Annahme des Wortes „Allergie“, belegen die von Freeman veröffentlichten Schriften ein deutliches Desinteresse an der von Richet und Pirquet angestoßenen, aufkeimenden physiologischen und pathologischen Faszination an den Vorgängen und Bedeutungen der Allergie oder Anaphylaxie. Stattdessen folgte die besondere Herangehensweise an Heuschnupfen (und letztlich auch an andere Allergien) bei Noon und Freeman ganz anderen Forschungs- und Therapietraditionen, die konkret auf Almroth Wrights Infektionskrankheitenforschung in St. Mary’s zurückgingen.
Zu einem gewissen Grad waren sich Noon und Freeman der von Blackley und Dunbar geleisteten zukunftsweisenden Beiträge zum Verständnis der Ätiologie des Heuschnupfens wohl bewusst. Das erkannten sie auch gebührend an und übernahmen insbesondere die älteren Annahmen über die zentrale Rolle eines Pollentoxins und schenkten Dunbars Interesse an der Immunisierung Aufmerksamkeit. Dennoch wurde die von Noon und Freeman eingeführte Methode deutlich von der zeitgenössischen Bakteriologie beeinflusst. Auf diesem Gebiet versuchten viele Forscher nicht nur eine passive Impfung mit spezifischen Antitoxinen (in der Art von Dunbars „Pollantin“) zu entwickeln, sondern ebenso aktive vorbeugende und therapeutische Impfstoffe. Als Anhänger Wrights waren sowohl Freeman als auch Noon mit der modischen Vakzinbehandlung von Infektionskrankheiten wohlvertraut. So hatte sich Freemans Forschung an der Impfabteilung anfangs auf den Opson-Index zur Immunitätsprobe und auf die Weiterentwicklung der therapeutischen Immunisierung konzentriert. Noons und Freemans Bestreben, eine aktive Immunität gegen Pollen herbeizuführen, war die logische Fortführung von Wrights Konzentration auf die aktive, weniger auf die passive, Immunisierung gegen Bakterieninfektionen. Wie Freeman in seinem Aufsatz von 1911 gesagt hatte, brachten die Studien zur Impfwirkung bei Heuschnupfenpatienten „die Pollenimpfung mit den Arbeiten über bakterielle Impfung von Wright und seiner Schule in Einklang“.
Als er Jahre später über Freemans und Noons Arbeiten nachdachte, betonte auch Wright die Bedeutung ihrer Heuschnupfenforschungen und schloss sich Freemans Meinung über die geistige und tatsächliche Herkunft der Pollendesensibilisierung an:
Die Methode der Impfung mit Graspollenextrakt kann als Ableger der Anti-Typhus-Impfung und der Vakzintherapie angesehen werden. Sie wurde später von Dr. Freeman durch eine ähnliche Behandlungsmethode für Asthma ergänzt, das von anderen Ursachen ausgelöst worden war.
Noons Methode, Heuschnupfen durch die aktive Immunisierung gegen Pollen zu behandeln, wurde rasch in die klinische Praxis eingeführt. In Großbritannien dokumentierten Artikel in der Lancet die Ergebnisse bei nach Noons Methode behandelten Fällen. Ebenso wurde dort über die geeignetste Art zur Vorbereitung, Quantifizierung und Handhabung von Pollen gestritten, über die Möglichkeit einer vergleichbaren Impfung gegen Asthma diskutiert und im Handel erhältliche „Utensilien für die Heuschnupfenreaktion“ beworben, die in St. Mary’s hergestellte Pollenextrakte enthielten und von Parke, Davies & Company vertrieben wurden. Darüber hinaus wurde die Methode von Klinikern in den Vereinigten Staaten übernommen, die sich ihre eigenen Diagnose- und Behandlungsprotokolle ausdachten und bei der Herstellung und dem Vertrieb von Pollenextrakten von Pharmaunternehmen wie Lederle und Abbott Laboratories unterstützt wurden.
Ganz besonders wurde diese Methode von Karl Koessler (1880-1925) und Robert A. Cooke ausgewertet und weiterentwickelt. Koessler, ein in Wien ausgebildeter Arzt, der in Chicago tätig war und später Präsident der American Association for the Study of Allergy (Amerikanische Gesellschaft zur Erforschung der Allergie) wurde, hatte mit Almroth Wright in St. Mary’s zusammengearbeitet, bevor er nach Amerika ausgewandert war, wo er erstmals 1910 an der aktiven Immunisierung gegen Heuschnupfen zu arbeiten begann. Cooke, ein Gründungsmitglied der Society for the Study of Asthma and Allied Conditions (Gesellschaft der Erforschung von Asthma und verwandter Leiden), zitierte sowohl Koessler als auch Freeman 1915 in seiner ersten Veröffentlichung, und fuhr sein ganzes Berufsleben lang fort, die Effizienz, Sicherheit und Wirkungsweise der aktiven Immunisierung zu erforschen.
Obwohl amerikanische Kliniker und Wissenschaftler ihre eigenen Ansätze zur Impfung mit Pollen entwickelten, erkannten Autoren beiderseits des Atlantiks generell an, dass die von Noon und Freeman zwischen 1911 und 1914 veröffentlichten Aufsätze erstmals systematisch über die therapeutische und prophylaktische Impfung berichtet und damit wohl die Geburt der klinischen Allergologie in Großbritannien und anderswo angezeigt hätten. Da die an St. Mary’s entwickelte Art der Impfung oder Desensibilisierung anscheinend eine wirksame Alternative zur Klimatherapie und zu der großen Menge frei verkäuflicher Arzneien gegen Asthma und Heuschnupfen war, wurde sie bis lange nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit zum Stützpfeiler der Behandlung allergischer Erkrankungen. Der berühmte deutschstämmige amerikanische Allergologe Max Samter (1908-1999) hat es 1979 so gefasst: „Das übliche Verfahren bei Allergien ist praktisch gleichbedeutend mit Immuntherapie.“