Verbesserte Behandlung von Kinderkrebs durch europäische Zusammenarbeit
Ungleiche Überlebenschancen für Kinder mit Krebs
Der Kampf gegen Krebs bei Kindern ist schon an sich eine enorme Herausforderung. Doch die großen Unterschiede bei den Überlebensraten zwischen wohlhabenden und weniger wohlhabenden Ländern in Europa machen die Situation noch schwieriger. Jedes Jahr sterben in Europa schätzungsweise 2.000 Kinder an Krebs – ein erschütternder Verlust.
Dr. Jelena Rascon, Kinderkrebsspezialistin am Universitätsklinikum Vilnius (VULSK) in Litauen, sieht in der internationalen Zusammenarbeit den Schlüssel zur Verbesserung der Situation. „Es gibt immer noch deutliche Ungleichheiten bei den Überlebensraten von Kindern mit Krebs in Europa“, erklärt sie.
Das TREL-Projekt: Zusammenarbeit gegen Ungleichheit
Um diese Unterschiede zu verringern, leitete Dr. Rascon das EU-finanzierte Forschungsprojekt TREL, das von 2021 bis 2023 lief. Mit Partnern aus Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien und den Niederlanden zielte das Projekt darauf ab, die Behandlung von Kinderkrebs durch internationale Kooperation zu verbessern.
Ein zentraler Ansatz des Projekts war das Konzept des „Twinning“, bei dem Fachleute aus Ländern mit weniger fortschrittlicher Forschung die Möglichkeit haben, eng mit Kollegen aus Ländern mit moderneren Ansätzen zusammenzuarbeiten.
Der Fokus von TREL lag auf der Behandlung solider Tumoren bei Kindern, insbesondere Hirntumoren, Neuroblastomen und Nierentumoren. Hirntumore gehören zu den häufigsten Krebsarten im Kindesalter, zusammen mit Leukämien und Lymphomen. Trotz insgesamt hoher Überlebensraten bleibt Krebs die häufigste krankheitsbedingte Todesursache bei Kindern und Jugendlichen.
Personalisierte Behandlung und grenzüberschreitender Austausch
Im Rahmen des Projekts erhielten die teilnehmenden Kinder personalisierte Behandlungspläne, die von einem internationalen Expertenteam abgestimmt wurden. Dieser Ansatz ermöglichte es Ärzten, mit Genetikern und Bioinformatikern aus anderen Ländern zusammenzuarbeiten, um bessere Ergebnisse für junge Patienten und ihre Familien zu erzielen.
Dank der gemeinsamen Anstrengungen verbesserte sich die Prognose für krebskranke Kinder in Litauen. Während die Überlebensrate in Ländern wie Dänemark bei 86 % liegt, betrug sie in Litauen vor dem Projekt nur 74 %. „Durch den grenzüberschreitenden Austausch haben wir enorme Fortschritte gemacht“, so Rascon.
Europaweite Studien stärken die Forschung
Auch Dr. Goda Vaitkevičienė, eine Kollegin von Dr. Rascon, betont die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit. Sie arbeitete an den europaweiten Studien NOPHO ALL2008 und ALLtogether, die auf die Verbesserung der Überlebensraten bei akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) abzielten.
Da Kinderkrebs extrem selten ist, erfordert die Forschung eine große Anzahl von Patienten, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Diese Zahl kann oft nur durch internationale Kooperation erreicht werden. „Die Zusammenarbeit ermöglicht es uns, innovative und maßgeschneiderte Behandlungsansätze anzubieten“, erklärt Vaitkevičienė.
Verbesserung der Lebensqualität während und nach der Behandlung
Die Erfolge des TREL-Projekts beschränken sich nicht nur auf Überlebensraten. Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität der Kinder während und nach der Behandlung. Bis zu 70 % der Kinder, die eine Chemotherapie erhalten, leiden unter schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Infektionen, Organschäden oder Stoffwechselstörungen.
Der Austausch von Daten und Behandlungsergebnissen zwischen Ländern hilft Ärzten, Nebenwirkungen besser zu vermeiden und den Familien während der Behandlung mehr Sicherheit zu geben. „Man kann den Patienten und ihren Familien mit größerem Vertrauen entgegentreten, wenn man weiß, dass dieselben Ansätze auch in anderen Ländern erfolgreich angewendet werden“, sagt Vaitkevičienė.
Zukunftsperspektiven: Das SCARLET-Projekt
Dank des Erfolgs von TREL konnte das Team finanzielle Mittel für ein neues Projekt namens SCARLET sichern, das im Oktober 2024 startet. Ziel ist es, die Fortschritte weiterzuführen und noch größere Erfolge zu erzielen.
Die Daten der litauischen Kinder, die an den Studien teilgenommen haben, fließen nun in eine europaweite Forschungsdatenbank ein. Diese Informationen helfen dabei, die Behandlungsergebnisse in anderen Ländern zu verbessern und langfristig eine gerechtere Versorgung in ganz Europa zu gewährleisten.
Fazit: Gemeinsam gegen Kinderkrebs
Die Arbeit des TREL-Teams zeigt eindrucksvoll, wie wichtig internationale Solidarität und Zusammenarbeit in der Medizin sind. Die Fortschritte bei der Überlebensrate und Lebensqualität von krebskranken Kindern sind ein Beweis dafür, was erreicht werden kann, wenn Länder ihre Kräfte bündeln.
Die Forschungsergebnisse sind ein Hoffnungsschimmer für Kinder mit Krebs und ihre Familien – nicht nur in Litauen, sondern in ganz Europa. Internationale Projekte wie TREL und SCARLET setzen neue Maßstäbe für eine gerechtere und effektivere Versorgung von Kindern mit seltenen und lebensbedrohlichen Krankheiten.
Informationsquelle: who . int