Start Diabetes Erhöhtes Diabetesrisiko durch ultraverarbeitete Lebensmittel: Neue Erkenntnisse und gesunde Alternativen

Erhöhtes Diabetesrisiko durch ultraverarbeitete Lebensmittel: Neue Erkenntnisse und gesunde Alternativen

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Ultraverarbeitete Lebensmittel erhöhen möglicherweise das Risiko für Typ-2-Diabetes
Eine neue, umfangreiche Studie legt nahe, dass ultraverarbeitete Lebensmittel das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, deutlich erhöhen können. Die Untersuchung unterstreicht die Bedeutung einer bewussten Ernährung und zeigt, dass die Frage, ob man wirklich weiß, welche Zutaten in den eigenen Mahlzeiten enthalten sind, das Risiko für Stoffwechselkrankheiten beeinflussen könnte. Zu ultraverarbeiteten Lebensmitteln zählen zahlreiche industriell hergestellte Produkte wie abgepackte Snacks, Softdrinks, Pommes frites, Würstchen, Chicken Nuggets und Eiscreme – Lebensmittel, die oft viele künstliche Zusätze wie Konservierungsstoffe, Emulgatoren und Farbstoffe enthalten, um die Haltbarkeit zu verlängern und das Aussehen zu verbessern. Die aktuelle Studie zeigt, dass diese Lebensmittel erheblichen Einfluss auf unsere langfristige Gesundheit haben könnten.

Langzeitstudie zeigt signifikanten Anstieg des Diabetesrisikos
In der Studie wurden die Ernährungsgewohnheiten von über 300.000 Menschen aus acht europäischen Ländern über einen Zeitraum von durchschnittlich 10,9 Jahren analysiert. Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift The Lancet Regional Health – Europe veröffentlicht wurden, legen nahe, dass jedes 10-prozentige Ansteigen des Anteils ultraverarbeiteter Lebensmittel in der täglichen Ernährung das Risiko, Typ-2-Diabetes zu entwickeln, um 17 % erhöht. Dieser signifikante Anstieg deutet darauf hin, dass selbst eine kleine Reduzierung dieser Lebensmittel im Speiseplan zu einem spürbar niedrigeren Krankheitsrisiko führen könnte.

„Diese Studie ist rein beobachtend, was bedeutet, dass wir zwar eine starke Verbindung zwischen dem Verarbeitungsgrad der Lebensmittel und dem Diabetesrisiko erkennen, aber keine direkte Ursache-Wirkung-Beziehung nachweisen können,“ erklärt Dr. Nerys Astbury, eine Expertin für Ernährung und Adipositas an der Universität Oxford, die an der Studie nicht beteiligt war. Dennoch reihen sich die Ergebnisse in eine wachsende Anzahl von Untersuchungen ein, die einen Zusammenhang zwischen stark verarbeiteten Lebensmitteln und gesundheitlichen Risiken aufzeigen.

Warum ultraverarbeitete Lebensmittel bedenklich sein könnten
Ultraverarbeitete Lebensmittel zeichnen sich oft durch lange Zutatenlisten aus, die viele Stoffe enthalten, die man zu Hause in der Regel nicht verwenden würde. Diese Produkte haben meist eine auffällige Verpackung und sind weit verbreitet, preiswert und häufig sehr bequem zu konsumieren. „Typische Beispiele hierfür sind gesüßte Getränke, Fertiggerichte, salzige Snacks wie Chips, Frühstückscerealien und pflanzliche Ersatzprodukte,“ erklärt Dr. Samuel Dicken, Studienleiter und Wissenschaftler am University College London.

Besonders problematisch ist, dass diese Produkte oft eine hohe Kaloriendichte aufweisen, sodass das Sättigungsgefühl erst verzögert eintritt. „Dadurch nimmt man tendenziell mehr Kalorien auf, bevor ein Gefühl der Sättigung einsetzt,“ so Dicken weiter. Da Übergewicht und Fettleibigkeit bekannte Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes sind, spielt diese Eigenschaft eine bedeutende Rolle. Laut der Studie konnte der Anstieg des Verhältnisses zwischen Taille und Körpergröße – ein Maß für Bauchfett – fast die Hälfte des Zusammenhangs zwischen dem Konsum ultraverarbeiteter Lebensmittel und dem erhöhten Diabetesrisiko erklären.

Kritische Stimmen: Warum pauschale Urteile problematisch sein könnten
Obwohl die Studie aufschlussreiche Erkenntnisse liefert, mahnen einige Vertreter der Lebensmittelindustrie zur Vorsicht bei der Interpretation. Sarah Gallo, Senior Vice President der Consumer Brands Association, einem Verband für US-Lebensmittelhersteller, warnte davor, ultraverarbeitete Lebensmittel generell zu „dämonisieren“. „Eine pauschale Verurteilung von haltbaren Lebensmitteln könnte dazu führen, dass Verbraucher nährstoffreiche Produkte aus Angst meiden, was die Ernährungsqualität verringern und sogar gesundheitliche Ungleichheiten verstärken könnte“, erklärt Gallo.

Verpackte Lebensmittel bieten oft eine sichere und kostengünstige Möglichkeit, wichtige Nährstoffe zu konsumieren. Eine lange Haltbarkeit hilft zudem, Lebensmittelabfälle zu reduzieren und stellt sicher, dass eine kontinuierliche Versorgung mit Lebensmitteln auch in schwierigen Zeiten gewährleistet ist. Diese Argumente verdeutlichen, dass ultraverarbeitete Lebensmittel nicht per se ungesund sein müssen, sondern dass ihre Rolle in einer ausgewogenen Ernährung differenziert betrachtet werden sollte.

Gesunde Alternativen: Was kann man stattdessen essen?
Die Studie identifizierte bestimmte ultraverarbeitete Lebensmittelgruppen, die besonders stark mit dem erhöhten Diabetesrisiko verbunden sind, darunter zuckerhaltige Getränke, verarbeitete tierische Produkte und salzige Snacks wie Kartoffelchips. Kleine Änderungen im Essverhalten können jedoch bereits einen positiven Effekt haben. Dr. Dicken empfiehlt beispielsweise, Softdrinks durch Wasser oder ungesüßten Tee und Chips durch frisches Obst oder ungesalzene Nüsse zu ersetzen. Solche einfachen Austauschoptionen könnten helfen, den Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel zu reduzieren, ohne dabei auf Genuss zu verzichten.

Auch Dr. Hilda Mulrooney von der London Metropolitan University weist darauf hin, dass nicht alle verarbeiteten Lebensmittel schlecht seien. „Alle Lebensmittel durchlaufen einen gewissen Grad an Verarbeitung; bereits das Pflücken eines Apfels stellt eine Form der Verarbeitung dar,“ erklärt sie. Das eigentliche Problem sei der hohe Grad der Verarbeitung bei bestimmten Lebensmitteln, die die gesunden Eigenschaften der Ausgangszutaten verändern und oft viele Zusatzstoffe enthalten, die in der heimischen Küche unüblich sind.

Um den Verarbeitungsgrad eines Lebensmittels besser einschätzen zu können, empfiehlt Mulrooney, einen Blick auf die Zutatenliste zu werfen. „Wenn das Endprodukt kaum noch dem Ausgangsprodukt ähnelt und eine lange Liste unbekannter Zutaten aufweist, ist es wahrscheinlich stark verarbeitet,“ so Mulrooney weiter. Idealerweise sollte man Lebensmittel bevorzugen, die ihrem natürlichen Zustand möglichst ähnlich sind und wenig oder keine Zusatzstoffe enthalten.

Alltagstipp: Lebensmittelbewusstsein entwickeln
Eine praktische Methode, um den Verarbeitungsgrad in der eigenen Ernährung zu verstehen, ist das Führen eines Ernährungstagebuchs. Wer für einige Tage aufzeichnet, was er isst, kann feststellen, wie hoch der Anteil stark verarbeiteter Lebensmittel tatsächlich ist. Menschen, die feststellen, dass ultraverarbeitete Lebensmittel einen großen Teil ihres Speiseplans ausmachen, können gezielt Alternativen einbauen, um eine bessere Balance zwischen verarbeiteten und unverarbeiteten Lebensmitteln zu schaffen.

Mehr als nur Ernährung: Der Lebensstil spielt ebenfalls eine Rolle
Neben der Ernährung sind auch andere Faktoren wie regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf, das Vermeiden von langem Sitzen, gesunde Trinkgewohnheiten und der Verzicht auf Rauchen entscheidend, um das Diabetesrisiko zu senken. Dr. Mulrooney betont, dass Ernährung zwar eine zentrale Rolle spielt, aber nur eine Komponente in einem gesunden Lebensstil ist. „Wer sein Diabetesrisiko nachhaltig senken möchte, sollte auch auf ausreichend Bewegung, gute Schlafhygiene und eine Reduktion von Stress achten.“

Fazit: Eine ausgewogene Ernährung als Schlüssel zur Gesundheit
Die Ergebnisse der Studie betonen die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung und zeigen, dass der übermäßige Konsum ultraverarbeiteter Lebensmittel mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Dennoch ist es wichtig, Lebensmittel nicht pauschal zu bewerten und sich bewusst zu machen, dass eine gesunde Ernährung verschiedene Lebensmittelgruppen umfassen kann, solange das Gleichgewicht stimmt. Indem man den Anteil stark verarbeiteter Lebensmittel reduziert und durch natürliche Alternativen ersetzt, kann man nicht nur das Diabetesrisiko senken, sondern auch insgesamt zu einem gesünderen Lebensstil beitragen.