Warum Stressabbau für die körperliche und geistige Gesundheit entscheidend ist
Stressabbau ist nicht nur eine Frage des Wohlbefindens, sondern spielt eine zentrale Rolle für unsere körperliche und mentale Gesundheit, erklärt Dr. Leana Wen, Notfallmedizinerin und Wellness-Expertin. Unser Körper reagiert auf Stress, indem er Hormone freisetzt, die kurzfristig den Blutdruck erhöhen, den Blutzuckerspiegel steigern und die Herzfrequenz beschleunigen. Diese Reaktion, auch bekannt als „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion, kann in bestimmten Situationen hilfreich sein, etwa um unsere Leistungsfähigkeit zu steigern oder eine schwierige Aufgabe zu bewältigen.
Langfristig kann diese Stressreaktion jedoch belastend sein und führt zu einer Reihe von Gesundheitsproblemen. Dr. Wen beschreibt, dass anhaltender Stress nicht nur das mentale Wohlbefinden beeinträchtigen und zu Depressionen und Angstzuständen führen kann, sondern auch physische Symptome wie Schlafstörungen, Gedächtnisprobleme, Kopfschmerzen und Rückenschmerzen verursacht. Zudem steigt das Risiko für chronische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Herzkrankheiten.
Warnsignale: Wann wird Stressabbau notwendig?
Dr. Wen rät dazu, auf bestimmte Warnsignale des Körpers zu achten, die anzeigen, dass man Stress abbauen sollte. Ein schnellerer Herzschlag als gewöhnlich, Kopfschmerzen, Magenbeschwerden und Muskelverspannungen können physische Anzeichen für Stress sein. Auch Verhaltensänderungen wie erhöhte Reizbarkeit, Ärgeranfälle und Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Konzentrieren sind Hinweise darauf, dass Stressabbau erforderlich ist.
Die heilende Kraft der Natur: Warum ein Spaziergang im Freien so wohltuend ist
Eine der einfachsten und zugleich effektivsten Methoden zum Stressabbau ist der Aufenthalt im Freien, idealerweise in der Natur. Dr. Wen verweist auf eine wachsende Zahl von Studien, die belegen, dass das sogenannte „Waldbaden“ – ein Begriff, der aus Japan stammt und „Shinrin-yoku“ genannt wird – positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Beim Waldbaden geht es darum, bewusst Zeit in der Natur zu verbringen, zum Beispiel bei einem entspannten Spaziergang oder indem man einfach sitzt und die Umgebung auf sich wirken lässt. Studien zeigen, dass der Aufenthalt in der Natur Stresshormone reduziert, die Stimmung verbessert und sogar das Immunsystem stärken kann.
Der beruhigende Effekt der Natur könnte darauf zurückzuführen sein, dass sie den Stresshormonspiegel senkt und die Herzfrequenz sowie den Blutdruck reduziert. Durch das Erleben der Natur kann das Immunsystem gestärkt und der Körper insgesamt entlastet werden, da sich der positive Effekt auf das Herz-Kreislauf- und das endokrine System auswirkt.
Bewegung in der Natur: Ein doppelter Nutzen für Körper und Geist
Dr. Wen hebt hervor, dass bereits der bloße Aufenthalt in der Natur Vorteile für die Gesundheit bringt. Doch wenn man diese Zeit mit körperlicher Aktivität verbindet, wie etwa Spazierengehen oder leichtem Laufen, werden die gesundheitlichen Effekte weiter gesteigert. Körperliche Aktivität reduziert Stresshormone im Körper und fördert die Ausschüttung von Endorphinen, was das Wohlbefinden steigert. Untersuchungen zeigen, dass bereits ein 10-minütiger Spaziergang Müdigkeit reduzieren, die Konzentration fördern und positive Emotionen auslösen kann.
Für Menschen, die sich bisher wenig bewegen, kann dies eine einfache Möglichkeit sein, Bewegung in den Alltag zu integrieren und damit den Stressabbau zu unterstützen. Dr. Wen betont, dass man das Tempo und die Intensität der Bewegung an die eigenen Vorlieben und körperliche Fitness anpassen sollte.
Individuelle Wege zum Stressabbau finden
Wen empfiehlt, sich auf bereits bewährte Methoden zu besinnen und Aktivitäten auszuwählen, die in der Vergangenheit geholfen haben, Stress zu bewältigen. Einige Menschen bevorzugen intensive Sportarten, die ihnen ein starkes Erfolgserlebnis geben, während andere eher langsame Spaziergänge und ruhige Aktivitäten bevorzugen. Auch soziale Kontakte spielen eine Rolle: Manche finden Entspannung im Austausch mit Freunden und nutzen gemeinsame Spaziergänge für Gespräche, während andere am besten abschalten, wenn sie alleine Zeit in der Natur verbringen.
Wichtig sei auch, den Aufenthalt in der Natur bewusst zu genießen und auf Achtsamkeit zu setzen, sagt Dr. Wen. Das bedeutet, auf Handys zu verzichten, die Umgebung wahrzunehmen und die Klänge, Gerüche und Eindrücke der Natur auf sich wirken zu lassen. Achtsamkeitsübungen wie tiefe Atemzüge und Meditation können diese Erlebnisse noch verstärken.
Praktische Tipps für mehr Natur im Alltag
Selbst wenn es nicht möglich ist, regelmäßig einen Wald zu besuchen, können auch kleinere Grünflächen im Alltag hilfreich sein. Dr. Wen betont, dass „perfekt“ nicht der Feind des „Guten“ sein sollte – auch ein Park oder ein Platz mit Bäumen und Gras kann positive Effekte haben. Eine Studie aus Australien ergab, dass Menschen, die während der Pandemie von ihren Wohnungen aus Grünflächen sehen konnten, mental widerstandsfähiger waren.
Für Menschen, die selten draußen sind, kann es hilfreich sein, einen festen Zeitpunkt für einen kurzen Aufenthalt im Freien einzuplanen, zum Beispiel die Mittagspause im Park zu verbringen oder eine kurze Strecke zu Fuß zurückzulegen.
Was man bei Stressabbau besser vermeiden sollte
Es ist ebenso wichtig zu wissen, was man beim Stressabbau vermeiden sollte, wie zu wissen, was hilft. Dr. Wen warnt davor, zu Alkohol, Zigaretten oder anderen Substanzen zu greifen, um kurzfristig Erleichterung zu finden. Diese Mittel lindern Stress zwar kurzfristig, bergen jedoch langfristig Gesundheitsrisiken und verstärken Stressprobleme oft nur.
Anzeichen für professionelle Unterstützung bei Stress
Manche Menschen neigen dazu, bei starkem Stress zu problematischen Bewältigungsstrategien zu greifen, etwa exzessives Trinken oder Drogenkonsum. Auch anhaltende Wutausbrüche oder ein Verlust des Interesses an Aktivitäten, die normalerweise Freude bereiten, sind Warnsignale. In solchen Fällen empfiehlt Dr. Wen, professionelle Unterstützung durch medizinisches oder psychologisches Fachpersonal in Anspruch zu nehmen.
Fazit: Einfache Schritte zur Förderung des Wohlbefindens
Stressabbau muss nicht kompliziert sein. Der Schlüssel liegt in kleinen, nachhaltigen Schritten, wie regelmäßigem Aufenthalt in der Natur, leichter körperlicher Aktivität und Achtsamkeit. Auch wenn es nur ein kurzer Spaziergang im Park ist, können diese Maßnahmen zu einer besseren mentalen und körperlichen Gesundheit beitragen und langfristig das Wohlbefinden stärken.