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Bedeutung des Immunsystems – Abwehrreaktion Abwehrsystem Sofortreaktionen

1954

Bedeutung des Immunsystems
Normalerweise dient die körpereigene Abwehr dem Schutz des Organismus vor Bakterien, Pilzen, Viren oder anderen Schadstoffen. Bei einer Allergie kommt es jedoch zu einer „Fehlleistung“ des Immunsystems.

Die gesunde Abwehrreaktion
Unser Organismus verfügt über verschiedene weiße Blutkörperchen und Eiweiße, die auf Angreifer wie Keime oder andere Schadstoffe spezialisiert sind. Eine besondere Bedeutung kommt den sogenannten Fresszellen zu. Dabei handelt es sich um relativ große weiße Blutkörperchen, die Fremdstoffe in sich aufnehmen und auflösen („fressen“) können. Eine wichtige Rolle spielen auch die kleinsten weißen Blutkörperchen, die Lymphozyten. Sie produzieren Immunglobuline. Das sind Eiweißmoleküle, die als Antikörper bei der körpereigenen Abwehrreaktion bedeutsam sind. Immunglobuline sind mit speziellen Fangarmen ausgerüstet, mit denen sie bestimmte Fremdstoffe (Antigene) oder allergieauslösende Substanzen (Allergene) erkennen.

Dringen etwa Viren oder Bakterien über die Haut oder Schleimhaut in den Körper ein, ruft das die körpereigene Abwehr auf den Plan. Das Immunsystem erkennt die Angreifer anhand bestimmter Strukturen ihrer Zelloberfläche als fremd – und setzt sie mit einer gezielten Abwehrreaktion außer Gefecht. Diese ist zeitlich und räumlich begrenzt und endet, sobald die Krankheitsauslöser vernichtet sind. Bei der Abwehrreaktion können gegen die jeweiligen Fremdstoffe Antikörper gebildet werden. Das führt dazu, dass das Immunsystem beim erneuten Angriff in der Lage ist, diese Antigene sofort zu erkennen und sie in der sogenannten Antigen-Antikörper-Reaktion zu vernichten. Dann treten keine Krankheitssymptome auf, denn der Körper ist gegen die Fremdstoffe immun. Bei Schutzimpfungen wird dieser Mechanismus genutzt: Die Patienten bekommen so geringe Mengen eines Krankheitserregers zugeführt, dass sie zwar Antikörper bilden, aber nicht krank werden.

Ein ..überempfindliches“ Abwehrsystem
Bei einer Allergie reagiert die körpereigene Abwehr auf Fremdstoffe, die gar keine Krankheitskeime sind und die normalerweise keine Gefährdung der Gesundheit darstellen. Vereinfacht ausgedrückt: Das Immunsystem von Allergikern ist in Aufruhr und überschätzt die Gefahren, die von harmlosen Stoffen ausgehen. Diese „übersensible“ Reaktion führt jedoch – anders als bei der Abwehr von Krankheitserregern – nicht dazu, dass die auslösenden Substanzen vernichtet werden. Sie bietet auch keinen Schutz vor einer erneuten Erkrankung, sondern hält so lange an, wie die betroffenen Personen den jeweiligen Allergenen ausgesetzt sind, zum Beispiel Pollen, Tierhaaren, Pilzsporen oder diversen Chemikalien. In der Folge können sich unterschiedliche Entzündungen im Körper entwickeln.

Bei häufigem Allergenkontakt nimmt die Empfindlichkeit in der Regel noch zu. Außerdem kommt es oft vor, dass die Patienten anfangs nur auf eine und im Laufe der Zeit dann auf immer mehr Substanzen allergisch reagieren.
 

Wie sich Allergien auswirken können in verschiedenen Organen
Organe Symptome
Augen Bindehautentzündung

Lidschwellungen

Atemwege Niesreiz

Schnupfen

Atemnot, Asthma

Schwellungen im Hals und am Kehlkopf

Entzündung der Lungenbläschen

Haut Rötung

Schwellungen

Ekzeme

Quaddelbildung

Neurodermitis

Magen-Darm-

Trakt

Übelkeit, Durchfall

Entzündung der Magenschleimhaut

Blutgefäßsystem • Kreislaufzusammenbruch (Schock)

 

Was passiert bei einer Allergie?
Viele Stoffe, die Allergien auslösen, wie zum Beispiel Pollen oder Pilzsporen, dringen über die Atemwege und die Schleimhäute in den Körper ein. Andere, wie Nahrungsmittelallergene, bahnen sich ihren Weg über den Magen-Darm-Trakt. Wieder andere Substanzen, die zum Beispiel in Textilien, Kosmetika oder Schmuck enthalten sind, verbinden sich vermutlich über die Haut mit körpereigenen Eiweißstoffen, wodurch dann Kontaktallergien entstehen können.

Beim allerersten Kontakt mit einer allergieauslösenden Substanz zeigen sich noch keine Symptome. Sobald das Allergen die Haut oder Schleimhaut durchdrungen hat, bereitet sich der Körper jedoch darauf vor, beim nächsten oder einem späteren Kontakt auf den Fremdstoff zu reagieren. Es kommt zu einer übermäßigen Bildung von Antikörpern im Blut. Diese „sinnlos“ produzierten Immunglobuline führen aber nicht zu einer Unempfindlichkeit gegenüber dem jeweiligen Allergen, sondern zu einer Überempfindlichkeit (Sensibilisierung). Bei jedem neuen Kontakt mit dieser harmlosen Substanz rüsten sich die Antikörper zum Kampf, so als müssten sie einen schädlichen Angreifer vernichten.

Ein Hauptakteur: Das Immunglobulin E (IgE)
Von den insgesamt fünf körpereigenen Immunglobulinen spielt das Immunglobulin E (IgE) bei fast allen allergischen Reaktionen vom Soforttyp die wichtigste Rolle. Es stammt aus dem Lymphgewebe der Atemwege und des Magen-Darm-Kanals und erreicht über die Blutbahn die Mastzellen. Diese werden im Knochenmark gebildet und befinden sich im Bindegewebe von Haut, Schleimhäuten und in verschiedenen Organen. Ihr Name geht auf die kleinen, substanzgefüllten Bläschen zurück, mit denen sie „gemästet“ sind.

Mastzellen sind wichtige Schaltstellen für allergische Reaktionen, denn sie sind mit Botenstoffen (Mediatoren) gefüllt, die die spezifischen Beschwerden wie Juckreiz, Rötung, Schleimbildung, Schwellungen und Atemnot auslösen.

Die besondere Rolle des Histamins
Der bekannteste und bislang am besten erforschte Botenstoff ist das Histamin. Es wird aus den Mastzellen der Schleimhaut ausgeschüttet, wenn der Körper mit einem Allergen in Kontakt kommt. Als Folge der übermäßigen Histaminbildung beginnen die Schleimhäute anzuschwellen und vermehrt Flüssigkeit oder Schleim abzusondern, was zu Entzündungsreaktionen in verschiedenen Körperbereichen führen kann: Es kommt zu Juckreiz und Schwellungen in Augen, Mund und Nase. In den Bronchien zieht sich die glatte Muskulatur zusammen, was Bronchial-krämpfe und Atemnot hervorruft. Auf der Haut bilden sich juckende Quaddeln und Rötungen. Außerdem kann die Freisetzung von Histamin auch den Magen-Darm-Trakt beeinflussen: Im Magen wird verstärkt Magensäure produziert, und im Darm werden Krämpfe und Durchfall ausgelöst. In hoher Konzentration kann Histamin den gefürchteten anaphylaktischen Schock (-> unten) hervorrufen.

Ein bedeutsamer Selbstversuch
Anfang des 20. Jahrhunderts ging man in der Medizin bereits davon aus, dass es im Blut von Allergikern eine Substanz gibt, die mit ihrem überempfindlichen Immunsystem in Zusammenhang steht. Da für diesen Verdacht jedoch noch keine Beweise Vorlagen, unternahmen 1921 zwei deutsche Mediziner einen Selbstversuch: Der Arzt Carl Prausnitz ließ sich Blutserum von seinem Kollegen Heinz Küstner, einem Fischallergiker, in die Haut spritzen.

Einen Tag später injizierte sich Carl Prausnitz an derselben Stelle einen Fischextrakt. Dabei entwickelte er an dieser Stelle sofort – und erstmalig in seinem Leben – eine allergische Reaktion auf Fisch. Mit dem Selbstversuch war der wichtige Nachweis erbracht, dass ein Bestandteil des Blutserums verantwortlich ist für die Bereitschaft eines Menschen, allergisch zu reagieren.

Sofort- und Sät Reaktionen
Bei über 90 Prozent aller Allergien treten die Symptome unmittelbar nach dem Kontakt mit dem jeweiligen Allergen auf. Die allergische Reaktion beruht auf einer gesteigerten Produktion des Antikörpers IgE. Zu den typischen Erkrankungen, bei denen es zu einer solchen Sofortreaktion kommt, zählen allergischer Schnupfen, allergisches Asthma, Nahrungsmittelallergien, Nesselausschlag, Angiosen sowie der anaphylaktische Schock.

Zu den Krankheiten, bei denen die allergische Reaktion nicht sofort, sondern erst mit einer gewissen Zeitverzögerung eintritt, gehören insbesondere Kontaktallergien. Da hier in der Regel zwischen 24 und 72 Stunden bis zur vollen Ausprägung der Allergie vergehen, spricht man von einer allergischen Spätreaktion oder einer Überempfindlichkeitsreaktion vom verzögerten Typ. Diese basiert – anders als bei Allergien vom Soforttyp – nicht auf einer erhöhten Produktion des Antikörpers IgE, sondern auf gesteigerten Reaktionen bestimmter Abwehrzellen des Immun-systems (T-Lymphozyten).

Der allergische (anaphylaktische) Schock
Die gefährlichste allergische Sofortreaktion ist der sogenannte anaphylaktische Schock. Auch wenn er in seiner vollen, lebensbedrohlichen Ausprägung glücklicherweise nur selten vorkommt, ist immer eine sofortige ärztliche Behandlung erforderlich.

Der Begriff Anaphylaxie bedeutet eigentlich „Schutzlosigkeit“. In der Medizin wird damit eine „überstarke, fehlgeleitete Schutzfunktion“ oder eine „akute allergische Allgemeinreaktion“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine panikartige Reaktion des Immunsystems auf eine allergieauslösende Substanz: Der Organismus setzt alle Hebel in Bewegung, um eine Übermacht vermeintlich schädlicher Fremdstoffe abzuwehren.

In einer Antigen-Antikörper-Reaktion werden zunächst große Mengen von Histamin und anderen Botenstoffen ausgeschüttet. Das massenhaft ausgetretene Histamin setzt dann eine Kettenreaktion in Gang: Es erweitert die Blutgefäße und begünstigt die Einlagerung von Flüssigkeit im Gewebe, sodass es in den Atemwegen zu vermehrter Schleimbildung und zu Ödemen kommen kann. Außerdem verursacht das Histamin Verkrampfungen im Atem- und im Magen-Darm-Trakt, was Atemnot und Durchfall nach sich zieht. Besonders gefährlich ist die Minderversorgung des Organismus mit Blut. Wenn dieses in den weitgestellten Gefäßen des Kreislaufsystems versackt, fällt der Blutdruck rapide ab. In der Folge können Symptome wie Kreislaufkollaps und Atemstillstand auftreten, die ohne sofortige Behandlung zum Tod führen können.

Die wichtigsten Auslöser des allergischen Schocks
Arzneimittel und diagnostische Verfahren:
• Medikamente (Antibiotika wie Penizillin und seine Abkömmlinge Streptomycin und Tetrazykline, Rheumamittel, Organ-extrakte und viele andere). Werden Arzneimittel gespritzt, kommt es häufiger zum Schock als bei der Anwendung von Tabletten, Tropfen oder Zäpfchen.
• Röntgenkontrastmittel und andere Testsubstanzen (insbesondere bei Injektionen in die Vene).
• Allergenextrakte für Hauttests und zur Hypo-sensibilisierung sowie Provokationstests bei denen zu diagnostischen Zwecken allergieverdächtige Stoffe inhaliert, geschluckt oder gespritzt werden.
• Dextranlösungen und andere sogenannte Blutersatzmittel.
• Blut und Blutprodukte.

Tierische Gifte:
Vor allem Insektengifte von Bienen, Wespen, Hummeln,
Hornissen und Ameisen.

Lebensmittel:
Insbesondere Milch, Hühnerei, Nüsse, Fisch und Schalentiere.

Ein anaphylaktischer Schock kündigt sich in der Regel sofort nach dem Kontakt mit einem Allergen an. Er beginnt meist mit Zungenbrennen sowie Juckreiz im Mund und am Gaumen, an Handtellern und Fußsohlen. Es folgen Hautrötung, Nesselausschlag und/oder Angioödem. Weitere Symptome sind fahle Blässe, blaue Lippen, beschleunigter Herzschlag, Schwäche, starke Angst, Blutdruckabfall, Übelkeit und Erbrechen. Danach kommt es zum Kreislaufkollaps, zu Bewusstlosigkeit, häufig auch zu Urin- und Stuhlabgang.

Als Faustregel gilt: Je früher die allergische Reaktion einsetzt, desto heftiger ist ihr Verlauf. Ist der Schock weniger stark ausgeprägt, beschränkt er sich meist auf ein Organsystem (zum Beispiel auf die Atemwege) und weitet sich nicht auf den gesamten Organismus aus. Dennoch müssen Sie auch hier sofort einen Arzt rufen (Informationen zum Notfallset finden Sie im Artikel „Nahrungsmittelallergien“.

Saisonale und saisonunabhängige Allergien
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von Allergien ist das zeitliche Auftreten. Viele allergische Reaktionen sind an bestimmte Jahreszeiten gebunden, andere sind saisonunabhängig und machen den Betroffenen das ganze Jahr über zu schaffen. Die wichtigste saisonale Allergie ist die Pollenallergie, die je nach Blütezeit der jeweiligen Pflanzen bereits im Frühjahr (zum Beispiel bei Erle, Hasel und Birke) oder erst im Sommer (etwa bei Gräsern, Getreide oder Kräutern) die typischen Beschwerden wie Juckreiz, laufende Nase, gerötete Augen oder Atemnot verursacht. Ist der Herbst relativ mild, fliegen die Pollen entsprechend länger.

Die saisonunabhängigen Allergien werden insbesondere durch Hausstaubmilben, Schimmelsporen, Tierhaare und durch eine ganze Reihe von Substanzen ausgelöst, die sich in Nahrungs oder Arzneimitteln, als Chemikalien in Textilien, in Wasch- und Pflegemitteln oder als Schadstoffe in Innenräumen befinden.