Der Großteil des Interesses am Pfropfen von Marihuana-Pflanzen entstand aus dem falschen Glauben, dass man mit Hopfen-Marihuana-Kombinationen nicht zu erkennende aber potente Pflanzen erzeugen könne. Obwohl sich dieser Glaube als falsch herausgestellt hat, sind Pfropfungs-Experimente mit Marihuana-Trieben und Unterlagen dennoch von Interesse. Zum Beispiel kann eine Pflanze ein gut ausgebildetes Wurzelsystem und einen dicken Stengel haben, verbunden mit geringer THC-Produktion, während eine andere umgekehrte Merkmale aufweist. Oder eine Person möchte vier oder fünf verschiedene Linien auf einer einzigen Pflanze wachsen lassen. Jeder aufgepfropfte Trieb wird relativ die gleiche THC-Produktion aufweisen wie die Pflanze, von der er stammt. Ein Transport von Cannabinoiden in der Pflanze findet nicht statt. Manchmal kann die Potenz nach dem Pfropfen sogar noch ansteigen, weil Stress auf die Pflanze ausgeübt wurde. Daraus folgt aber gleichermaßen eine geringere Gesamtproduktion an Cannabinoiden, wie später noch gezeigt wird.
Es können Standard-Techniken wie keilförmiges Aufpfropfen der Keimblätter oder keilförmiges Pfropfen im Wachstumspunkt zur Anwendung kommen. Wichtig ist, dass die Gefäßbündel-führenden Gewebe des Pfropfreisers (der aufzupfropfende Teil) und der Unterlage (auf die gepfropft wird) gut miteinander in Kontakt gebracht werden. Danach wird mit Petroleum-Gelee oder kommerziellen Versiegelungs-Agentien (Baumwachs o.ä.) abgedichtet und die Pfropfstelle mit Bast oder Selbstklebeband fest umwickelt. Den größten Erfolg wird man erzielen, wenn die Pflanze schon gut entwickelt ist (frühestens nach zwei Wochen), aber noch vor der Reife steht. Je aktiver das Wachstum, je besser wird der Pfropfling angehen. Eine gute Technik ist, die zu pfropfenden Pflanzen Seite an Seite oder in benachbarten Gefäßen anzuziehen. Wenn sie zwischen vier und acht Wochen alt sind, werden die beiden Stengel auf etwa gleicher Höhe jeweils mit einem einzigen diagonal geführten Schnitt getrennt. Der Reiser wird dann zugespitzt und die Unterlage keilförmig eingeschnitten. Reiser und Unterlage werden sogleich sorgfältig ineinander gesteckt und mit Selbstklebe-band fest umwickelt. Nach ein bis zwei Wochen können unerwünschte Triebe und Blätter am oberen und unteren Teil entfernt werden.
Ein Klon sind alle Ableger, die asexuell (vegetativ) von einer einzelnen Pflanze erzeugt wurden. Da keine sexuellen Prozesse beteiligt waren, sind alle Angehörigen eines Klons genetisch gleich ausgestattet (von somatischen Mutationen abgesehen). Meistens wird man einen Klon über Stecklinge erzeugen. Diese lassen sich aus den abgeschnittenen Seitentrieben einer 4 bis 8 Wochen alten Pflanze anziehen. In Wasser oder feuchtem Sand erfolgt bald eine Bewurzelung, die man durch Zugabe eines pflanzlichen Zusatzhormons (Indolyl-Essigsäure) noch beschleunigen kann. Die Stecklinge werden dann in Erde eingepflanzt und normal weitergezogen. Will man die Bildung von Seitentrieben stimulieren, kann man im Jugend- Stadium der Pflanze wiederholt die Triebspitzen (apikalen Meristeme) herauskürzen. Sie wird dann niedriger und buschiger im Wuchs. So kann man aus einer einzigen hochpotenten Pflanze hunderte weiterer Pflanzen erzeugen. Offensichtlich wäre dies eine gute Methode für Marihuana-Forscher, die den Einfluss der Umwelt auf die Cannabinoid-Produktion untersuchen wollen. Bislang wurde sie jedoch (bis auf eine Ausnahme) ignoriert.
Beschneiden von Trieben und Manipulieren von Stengeln beim Cannabis
Das Beschneiden der Spitzen von Marihuana-Pflanzen wird in Brasilien seit langem praktiziert. In der bengalischen Gegend Indiens dagegen werden die unteren Triebe entfernt, wenn die Pflanze etwa 3 Monate alt ist. Die Nepalesen kürzen vermutlich die Spitzen, entfernen die größeren Blätter und schütteln die Pflanzen von Zeit zu Zeit; die dabei anfallende Blatt- und Blütenmasse wird Latta genannt, sie ähnelt wahrscheinlich den Colas der reifen Sinsemilla-Pflanze.
Eine weitere Maßnahme, die für potenz-steigernd gehalten wird, ist das Splitten der Basis. Berichten aus Indien zufolge verdrehen dort die Bauern einige Zeit vor der Ernte die Basis des Stengels oder die blühenden Spitzen. In Mysore werden die Stengel der zwei Monate alten Pflanze verdreht, dann horizontal gekrümmt und manchmal in dieser Position festgebunden um das Wachstum von Seitentrieben anzuregen. Eine weitere Sitte die in Burma beobachtet wurde, besteht darin, ungefähr einen Monat vor der Reife den Stengel zu splitten und durch Einfügen eines Stück Holzes geöffnet zu halten. Danach werden die blühenden Spitzen eingesammelt, in Körbe gepresst, die Körbe umgedreht über den Spitzentrieben angebracht und so für den letzten Monat des Wachstums belassen.
In Mexiko treiben Farmer Keile aus Acote (eine Kiefernart) unterirdisch durch die Wurzel, wenn die Pflanze eine Höhe von etwa 120 cm erreicht hat. Sie behaupten, dass diese Maßnahme die Samenbildung verhindere und dem Marihuana ein kiefernartiges Aroma verleihe, was aber beides höchst unwahrscheinlich anmutet.
In einigen Gebieten des westlichen Himalayas werden die Pflanzen von allen oder fast allen Blättern befreit, um die Bildung zahlreicher kleiner beblätterter Triebe zu stimulieren. Diese Triebe sind vermutlich wirksamer als die alte Blattracht. Zu diesem Punkt wurden bisher noch keine Versuche durchgeführt, und es erscheint wert hier etwas Arbeit zu investieren.
Die Tepehua aus Oaxaca, Mexiko, produzieren extrem potentes Marihuana, indem sie ihre Pflanzen in einer lebensfeindlichen Umwelt anbauen und scharf zurückschneiden. Sie knipsen den jungen Keimlingen die Triebspitzen heraus und entfernen damit das apikale Meristem mit seiner hohen Konzentration an Auxinen (Wachstumshormonen). Dies führt zur Bildung vieler lateraler Meristeme (Seitentriebe). Die neuen lateralen Meristeme werden einmal wöchentlich beschnitten, umso einen kleinen urnen-artigen Busch zu produzieren. Triebe, die normalerweise das Innere dieser Urne füllen würden, werden auch entfernt. Das Exterieur solcher Pflanzen wirkt fast kristallin wegen der ausgeprägten Harz-Ansammlung auf den Blatt- Oberflächen, und viele Pflanzen besitzen eine rote Pigmentierung (durch Cyano-Farbstoffe). Die Blätter haben statt des gewöhnlich palmenartigen Aussehens eine eher quirlständige (wie die Speichen eines Rades), weichgezähnte Ausbildung mit verkümmerten (unvollständigen oder unfruchtbaren) Blüten. Beim Erscheinen der blutartigen Färbung werden zwei hölzerne Splinte rechtwinklig zueinander und gerade über dem Erdboden durch den Stamm getrieben. Gegenwärtig ist nicht einsehbar, dass letztere Maßnahme irgendeinen Effekt auf die Potenz des Marihuanas haben kann, dennoch ist es interessant, dass verschiedene asiatische Bauern die Stengel auf ähnliche Weise quetschen oder pfählen.
Zusammenfassend sei bemerkt, dass zwar viele Völker auf der gesamten Erde ihre Marihuana-Pflanzen beschneiden oder ihre Stengel aufspalten, es aber keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass solche Maßnahmen die Potenz erhöhen können. Tortzdem, wie später noch diskutiert werden wird, neigt jede Art von Stress dazu, die Potenz mehr oder weniger zu erhöhen. Dies wird aber immer auf Kosten des Gesamtertrags gehen.
Potenz und Farbe beim Cannabis
Die extreme Rotfärbung der Tepehua-Pflanzen ist vielleicht nur die Folge eines Kalium-Mangels im Boden, vielleicht auch die Manifestierung eines genetischen Faktors. Sie werden auch anderenorts an Stengeln oder Blättern beobachtet (z.B. Zihuatenejo purple). Rote und purpurne Färbungen werden durch Pigmente bewirkt, die Anthocyane enthalten. Auch extremer Stickstoff- oder Phosphor-Mangel kann rotgefärbte Petiolen (Blattstengel) oder Blätter zur Folge haben. Die Grünfärbung der Pflanzen beruht auf der Anwesenheit großer Mengen an Chlorophyll; die anderen Farbstoffe treten meist erst auf, wenn die Pflanze altert und ihr Chlorophyll abbaut. Leider kennen wir nicht die Natur der Pigmente, welche die goldene Färbung einiger zentral- und südamerikanischer Sorten hervorruft. Genausowenig wissen wir über eine eventuelle Beziehung dieser Farben zu dem TFIC-Reichtum obiger Varietäten. Acapulco Gold und Colombian (oder Santa Marta) Gold sind oft sehr potent, besonders das kolumbianische. Punta Roja (spanisch: „Roter Punkt”) ist eine weitere potente Pflanze, die aus dem Llano-Gebiet der Cali Hills bei Santa Marta in Kolumbien stammt. Ihr Name leitet sich ab von der roten Färbung der Griffel in den weiblichen Blüten. Wie einige Marihuana-Sorten aus Afrika oder Kolumbien („Wacky Weed”) beweisen, kann Marihuana auch schwärzlich aus- sehen. Das dunkelgrüne Marihuana aus der Choco-Gegend Kolumbiens ist oft fast schwarz.
Man vermutet einen Einfluss des Klimas auf die Farbe. Einige Personen behaupten, dass Marihuana, welches bei kühler Witterung gereift ist, dazu neigt, eine violette Färbung anzunehmen, aber diese violette Färbung an Blättern, Stengeln und/oder Blüten ist nicht verbunden mit einer höheren Potenz.
Zusammenfassung: Die Beziehungen zwischen Potenz und Farbe scheinen gering zu sein, da in jeder Varietät Pflanzen mit hohen, mittleren und niedrigen Gehalten an THC und CBD zu finden sind.
Einige Anbau-Techniken beim Cannabis
Vor fünfzig Jahren beschrieb ein französischer, pharmazeutischer Text den Anbau von Hanf zur Harz-Gewinnung wie folgt:
Die Wahl des Bodens ist von Bedeutung: Hanf-Pflanzen bilden zahlreiche Pfahlwurzeln aus; der Boden muss daher leicht, locker und gleichzeitig von hohem Substanzgehalt sein. Als vorbereitende Maßnahmen sind nur Bodenlockerung und Düngung wichtig. Mindestens drei Lokkerungsgänge sollten durchgeführt werden: der erste vor dem Winter, der zweite im Frühjahr, wenn Unkräuter zu wachsen beginnen und der dritte ein bis zwei Tage vor der Aussaat, etwa Anfang Mai/Juni (in Nord- Afrika wird nur zweimal gelockert und bereits Ende März gesät). Die Wahl des Düngers ist von der Bodenart abhängig: Pferde-Mist, gut gemischt mit anderen Düngern passt zu schweren Böden; Kuh- oder Schafs-Mist eignet sich besser für leichte Böden. In Tunis wird eine Mischung aus eigenem Dünger und Superphosphat benutzt. Die Aussaat erfolgt bei einem Reihenabstand von 20 cm (in Nord-Afrika 60 cm). Durch den Anbau in Reihen wird das Hacken und Ausdünnen erleichtert.
Letztere Maßnahme sollte durchgeführt werden, sobald der Hanf das Zwei-Blatt-Stadium erreicht hat. Vorsichtiges Entfernen der überflüssigen Pflanzen ist wichtig, damit keine benachbarten Wurzeln freigelegt werden. Sobald der Hanf eine gewisse Höhe erreicht hat, wächst er zügig weiter. Männliche und weibliche Pflanzen erscheinen zur gleichen Zeit; aber erstere sind – trotz dünneren Wuchses – höher, bis sie kurz vor der Reife stehen … In Europa erntet man gegen Ende September, in Nord-Afrika bereits im Juli.
Ein erfolgreicher amerikanischer Marihuana-Farmer im Südwesten der USA beschreibt seine Technik folgendermaßen:
Er bebaut ein ein Acre großes Stück Land (etwa 0,4 ha) in südlicher Lage, das er nach jeder Marihuana-Ernte mit Rotklee einsät, der vor dem ersten Frost untergepflügt wird. Zusätzlich wird eine Tonne Kompost untergepflügt. Die meisten der männlichen Pflanzen werden in drei Teilen angebaut, jeweils im Abstand von einer Woche. Sie werden kopfüber auf-gehängt und bekommen ein Täschchen über die Spitze gestülpt, um den Pollen darin zu sammeln. Den weiblichen Pflanzen werden im Alter von etwa sechs Wochen einmal die Spitzentriebe ausgekürzt. Nach etwa fünf Monaten beginnen einige der weiblichen Pflanzen, männliche Blüten zu entwickeln. Bewässert wird ungefähr acht Mal pro Jahr und zwar in unregelmäßigen Abständen aber kräftig, um tiefbewurzeite und dürre resistente Pflanzen zu erhalten. Der Boden muss eine gute Dränung aufweisen; Staunässe darf nie auftreten. Die weiblichen Pflanzen werden geerntet, wenn sie zu 25-50% Samen angesetzt haben. Ungefähr drei Dutzend von ihnen werden bis zur vollen Samenreifung stehen gelassen und dienen im nächsten Jahr als Saatgut. Dann werden sie einen Tag lang aufgehängt, die dicken Stengel entfernt und eine weitere Woche zum Trocknen aufgehängt. Die großen Spitzen werden getrennt von den kleinen Spitzen und mit den Blättern verkauft.
Für die Erzeugung von Massenerträgen empfiehlt ein Farmer eine Sämaschine, die gruppenweise fünf bis zehn Samen im Abstand von etwa 90 cm ablegt. Später wird der Bestand bis auf die besten zwei Pflanzen pro Gruppe ausgedünnt; eine gewöhnliche Getreide- oder Sojabohnen-Sämaschine, mit einem Feinsärad für Mehrfachablage ausgerüstet, ist ausreichend. Sobald die Pflanzen sich gegenseitig zu überwuchern beginnen, muss ausgedünnt werden. Man lässt jeder weiblichen Pflanze etwa 120 cm Freiraum, damit sie sich gut verzweigen kann. Eine große, voll ausgewachsene Pflanze kann 150 g bis 350 g Marihuana liefern, abhängig davon, wie viele Samen sie trägt. Österreichische Winter-Erbsen oder -Wicken, die im Oktober gesät und im März (Süd-USA) untergepflügt werden, bieten sich als Zwischenfrucht an. Auch Klee wäre geeignet, aber er wird im Winter nicht so gut wachsen. Im Süden (der USA) kann das Pflanzen gegen Ende März beginnen, aber in Gegenden der gleichen Breite wie Washington D.C. kann vor dem 15. April nicht damit begonnen werden, weil Marihuana zwar leichte Fröste überstehen kann, jedoch keine strengen oder wiederholten Fröste.
Sinsemilla beim Cannabis
Das Wort sinsemilla ist aus zwei spanischen Wörtern zusammengesetzt und bedeutet „ohne Samen”. Weil in der Natur fast alle weiblichen Eianlagen zur Befruchtung gelangen und Samen entwickeln, muss Sinsemilla notwendigerweise künstlich durch Aussonderung der männlichen Pflanzen erzeugt werden. Es wird gesagt, dass die Praxis, männliche Pflanzen auszusondern, im alten Indien ersonnen worden sei, um potenteres Marihuana zu erzeugen. Es mag natürlich damit begonnen haben, dass man einst einen Weg suchte, die ärgernden Samen irgendwie zu eliminieren, weil sie aus frischen, klebrigen Spitzen so schwer zu entfernen sind oder um einen einheitlichen Bestand zur Fasergewinnung zu schaffen. Wo diese Technik ihren Ursprung hat, ist unbekannt, aber „Ganja-Doktoren”, die durch die Felder gehen und die männlichen Pflanzen entfernen, mag es schon vor tausenden von Jahren gegeben haben. Die männlichen Pflanzen sind nicht schwierig zu erkennen, da sie zu früherer Reife neigen und ihre Pollen manchmal schon verbreiten, wenn die gleichaltrigen weiblichen Pflanzen noch gar nicht befruchtungsfähig sind (ein evolutionärer Vorteil, der eine Befruchtung durch andere Partner ermöglicht). Normalerweise entwickeln sich natürlich die männlichen Blüten erst später, oder es bilden sich männliche Blüten auf weiblichen Pflanzen, wenn deren Befruchtungsfähigkeit erst verzögert eintritt. Daher muss man ständig nicht nur vor männlichen Pflanzen, sondern auch vor männlichen Blüten auf weiblichen Pflanzen auf der Hut sein. Die Neigung weiblicher Pflanzen zur Bildung männlicher Blüten variiert enorm und ist abhängig von Linie (Herkunft der Samen), Alter, Wasser-, Temperatur- und Bodenbedingungen. Bedenke, dass die Einlage einer Pflanze auch von Pollen befruchtet werden kann, die kilometerweit verfrachtet worden sind oder von den Fingern eines Freundes stammen können, der gerade einen Joint gedreht hat.
Was weiter passiert, wenn man männliche Pflanzen und Blüten entfernt hat, ist, dass die unbefruchtete weibliche Pflanze weiterwächst, als werde sie durch ihren frustrierten Paarungsinstinkt dazu angetrieben. Statt alle ihre Energien in die Produktion von Samen zu legen und dann zu sterben, wird sie weiterwachsen und mehr Blüten, mehr Blätter und mehr Harz bilden. Sie kann bis sieben Monate älter werden als sonst – ein frustriertes aber steinreiches, altes Fräulein.
Kürzlich wurde ein hervorragendes Photoessay über Sinsemilla veröffentlicht (Sinsemilla, And/Or Press, 1976). Der Autor Jim Richardson beschreibt den Duft der reifen Blütenstände als „von elektrischer Süße und ätherhaft durchdrungener Qualität”, und stellt mehrere interessante Behauptungen über ihre Potenz auf. Richardson meint, dass von einer erhöhten Harzproduktion nicht unbedingt auf eine erhöhte Potenz geschlossen werden könne. Der Rausch sei weniger klar und süß, nachdem die Pflanze geblüht habe, egal ob Samen ausgesetzt wurden oder nicht (d.h. egal ob Sinsemilla produziert wurde oder nicht).
Er berichtet auch über eine mögliche Wiederentdeckung einer alten indischen Methode zur Geschlechtsbestimmung. Am Haupttrieb finden sich am zweiten oder dritten Nodium (Knoten) unterhalb der Spitze ein Paar speerartiger Blattsporne (Stipula). Auf jeder Seite des Stengels steht einer; wenn sich die Seitentriebe an diesem Punkt gegenüber stehen, überkreuzen sich dort die Spitzen der Stipula. Hinter diesen Spornen entwickeln sich in den Blattachseln die ersten Blütenknospen, schon Wochen bevor die ersten Blütenbüschel auf den Trieben erscheinen. Wenn eine weibliche Pflanze vorliegt, wird diese Knospe aufrecht weiterwachsen und schließlich eine charakteristische weibliche Blüte mit zwei Griffeln enthalten. Bei einer männlichen Pflanze wird die Knospe schon bald ihr Köpfchen hängen lassen und zu einer hülsenartigen männlichen Blüte werden. Oft jedoch ist diese Stmktur, die dem poddar (englisch: Ganja-Doktor) beim Erkennen der männlichen Pflanzen hüft, nichts weiter als ein Paar verkümmerter weiblicher Einzelblüten, die regelmäßig dort auftreten, wo eigentlich das unterste Paar männlicher Blüten inseriert sein sollte. Zweifellos variieren diese Strukturen beträchtlich bei verschiedenen Linien und wahrscheinlich auch mit den Wachstumsbedingungen.
Es gibt viele Wege, Sinsemilla zu erzeugen. Eine populäre Technik, die in gemäßigten Klimaten sowohl im Freiland wie im Gewächshaus funktioniert, besteht darin, die Pflanzen bis auf etwa 30 cm Höhe zurückzuschneiden und nur einige wenige beblätterte Triebe stehenzulassen. Nach wenigen Wochen sollten neue Triebe zu sprießen beginnen. Wenn das neue Wachstum mit Sicherheit gestartet ist, entferne die alten Triebe und eine neue Sinsemilla-Ernte ist auf dem Weg. Der Hermaphroditismus bleibt ein dauerndes Problem; beobachte sorgfältig eventuelle männliche Blüten, die auf weiblichen Pflanzen entstehen und knipse sie heraus.
Die genannten Zeitangaben sind mit Vorsicht zu genießen, aber die folgende Übersicht kann als Richtschnur dienen:
Zeit zwischen Pflanzung und erstem | |
Entfernen männlicher Pflanzen: | 8 Wochen |
Prüfung auf männliche Blüten: | jede ½ Woche |
Rückschnitt der weiblichen Pflanzen zur | |
Erzeugung einer neuen Ernte: | nach 12-20 Wochen |
Die wissenschaftliche Literatur enthält leider noch kerne Angaben bezüglich des THC- oder CBD-Gehalts von Sinsemilla. Man weiß daher zur Zeit nicht, wie übrigens auch bei gewöhnlichen Marihuana-Pflanzen, welche Bedingungen in späteren Stadien des Wachstums für die Anreicherung von THC und Eliminierung des CBD als optimal anzusehen sind.
Polyploidie beim Cannabis
Polyploidie nennt man das Auftreten ganzzahliger Vielfacher des normalen einfachen Chromosomensatzes in den Zellen. Der diözide (2n) oder normale Satz in Cannabis enthält 20 Chromosomen, es wurden jedoch auch schon Pflanzen mit 30 (triploid), 40 (tetraploid) oder mehr Chromosomen beobachtet. Einige Pflanzen-Species oder -Varietäten treten als natürliche polyploide auf; d.h., sie entwickelten sich aus spontan oder zufällig aufgetretenen polyploiden Samen, die gegenüber den anderen diploiden Vorläufern gewisse selektive Vorteile besessen haben. Polyploidie kann natürlich auftreten oder künstlich erzeugt werden; beide Erscheinungsformen sind unter den Blütenpflanzen recht häufig anzutreffen. Durch spezielle Chemikalien (Streptomycin) kann man die Aufteilung der Chromosomensätze während der Meiose verhindern, aber diese Maßnahme ist relativ drastisch und kann häufig die Samen oder Pflanzen abtöten. Samen, die überlebt haben, entwickeln regelmäßig verkümmerte oder abnormale Pflanzen; der Experimentator kann aber auch mit großen, gesunden und schönen Pflanzen belohnt werden, man denke nur an die vielen populären Blumen, die geradezu einen Riesenwuchs aufweisen. Leider zeigen polyploide Pflanzen oft eine gestörte Fortpflanzung. Sie neigen dazu, wieder in die Diploidie zurückzufallen. Cannabis-Polyploide sind größer im Wuchs und tragen größere (bis doppelt so große) Samen, benötigen aber meist auch mehr Zeit, um zur Reife zu gelangen.
Dieses Phänomen wäre hier von geringerem Interesse, hätte es nicht ein amerikanischer Wissenschaftler namens Warmke während des II. Weltkriegs für einige Versuche ausgenutzt. Er behandelte Marihuana-Pflanzen mit Colchicin (Alkaloid der Herbstzeitlose) und erhielt eine Reihe tri- und tetraploider Pflanzen. Diese beiden polyploiden Formen wiesen ungefähr die gleiche durchschnittliche Aktivität auf (obwohl die Aktivität der Einzelpflanzen bis um den Faktor acht variierte) und lagen um 100% höher als die diploiden Linien. Er testete 26 verschiedene Pflanzen der einzelnen Varietäten, und seine Daten waren statistisch signifikant. Leider arbeitete er mit einem Aceton-Extrakt des Harzes, und seine Versuchstiere waren kleine Fische, weshalb die gewonnenen Daten jegliche Relation zum wahren Cannabinoid-Gehalt zweifelhaft erscheinen lassen. Dennoch sind auf diesem Gebiet weitere Anstrengungen nötig. Es wurde nachgewiesen, dass tetraploide Tabak-Pflanzen mehr Nikotin als diploide besitzen, wamm könnte dies nicht auch analog für den Cannabinoid-Gehalt von Cannabis könnte dies nicht auch analog für den Cannabinoid-Gehalt von Cannabis zutreffen? Wiederum muss man erwarten, dass die totale Erntemenge abnimmt.
Warmke war ebenfalls der Vater der berühmten Hopfen-Pfropf-Experimente, in denen Marihuana und Hopfen aufeinander gepfropft wurden. Seine Daten zeigten einen Transfer von Cannabinoiden in die Hopfen- Pflanze, er benutzte aber Wasserfliegen als Versuchstiere, und die Daten wiesen keinen klaren Bezug zum Cannabinoid-Gehalt auf. Später konnte jedoch bewiesen werden, dass Cannabinoide lokal produziert werden und nicht verlagert werden können.
In allen Fällen zeigten kürzlich durchgeführte Versuche, die die damaligen Experimente mit modernsten chemischen Analyseverfahren noch einmal überprüfen sollten, absolut keinen Transfer von Cannabinoiden in den Hopfen-Teil des Pfropflings – weder von der Marihuana-Unterlage in den Hopfen-Reiser noch von dem Marihuana-Reiser in die Hopfen-Unterlage. Hunderte, vielleicht tausende von Leuten haben versucht, potenteres oder zumindest nicht erkennbares Marihuana zu züchten, und das alles auf der Basis einiger toter Fische und Wasserfliegen. Man fühlt sich an ein Zitat Mark Twains erinnert: „Ich mag die Wissenschaft, weil sie einem für die Investition einer so geringfügigen Menge an Tatsachen eine Großhandelsmenge an Mutmaßungen liefert.”
Potenz und Cannabinoid-Gehalt beim Cannabis
Die Mythen darüber, welches Marihuana das stärkste ist oder den besten High erzeugt, könnten Bände füllen. Einer der wichtigsten Faktoren dabei ist das individuelle Ansprechen auf das Dope, und gerade das variiert erheblich. Faktoren wie Ernährungszustand, Fitness, Tageszeit, andere eingenommene Drogen und der gesamte psychische Zustand beeinflussen das Ansprechen des Individuums auf irgendeine Droge. Zum Beispiel wurde in einem Experiment gezeigt, dass die Menge Morphin, welche für die Linderung eines bestimmten Schmerzzustandes erforderlich ist, um den Faktor fünf variieren kann, wobei eine Abhängigkeit von der Tageszeit besteht. An Mäusen wurde gezeigt, dass eine gewisse Menge Amphetamin ausreichte, um sie zu einer bestimmten Tageszeit zu töten, zu einer anderen Zeit verabreicht wirkte sie harmlos. Die meisten Leute ziehen diese Faktoren nicht mit in Betracht und abstrahieren von dem Charakter des Rauschzustandes, den sie erleben, auf die Wirkstoffmenge des Marihuanas.
Obwohl tausende verschiedener Verbindungen in Marihuana Vorkommen, kann man doch wohl mit Bestimmtheit davon ausgehen, dass nahezu alle signifikanten physiologischen Reaktionen auf das THC und, zu einem geringerem Umfang, das CBD zurückgehen. CBN mag mit hineinspielen, wenn es, was selten vorkommt, drei- bis vierfach stärker konzentriert auf- tritt als THC. CBN scheint mit THC synergistisch wirken zu können und seinen Effekt leicht erhöhen zu können. Wie an früherer Stelle schon festgestellt wurde, hat man auch gezeigt, dass das Rauchen von CBD zusammen mit THC den THC-Rausch blockiert. Gegenwärtig ist noch unklar, wie viel CBD genau benötigt wird, um einen gegebenen Effekt auf den Rausch auszuüben. Als Richtschnur mag gelten, dass CBD-Konzentrationen bei ähnlicher Höhe wie THC eine merkliche Wirkung zeigen. Die einzige andere chemische Variable in Marihuana, die den High zu beeinflussen scheint, ist eine Cannabinoid-Verbindung, in der die fünf Kohlenstoff- Atome lange Seitenkette durch eine drei Kohlenstoff-Atome lange Kette ersetzt ist. Man findet sie in verschiedenen Marihuanas aus Süd-Afrika und Nepal und in geringen Anteilen sogar in allen übrigen Marihuana-Sorten. Die Propyl-Cannabinoide (mit 3 C-Atomen in der Kette) werden später noch ausführlich diskutiert.
Bei der Beurteilung der Daten in diesem Artikel könnten sich die nachstehenden Kommentare eines professionellen Dope-Testers als nützlich erweisen. (Die Kommentare erschienen erstmalig im High Times Magazine, Frühjahr 1975:
Oaxacan – hat einen Minze-Geschmack und ist auch würzig. Es kitzelt die Geschmacksknospen. Der Minze-Geschmack hält den Hals frei, was bedeutet, dass Du mehr Rauch in den Lungen behalten kannst, ohne husten zu müssen. Ist ziemlich luftig in Anbetracht seiner Stärke.
Culiacan – hat diese Luftigkeit, aber nicht die Kraft.
Santa-Marta Gold – exzellenter intellektueller High. Sehr kreativ. Ziemlich schwieriger High, aber nicht teilweise psychedelisch wie das beste mexikanische – dieses Grass wäre gut für einen intellektuellen Fick – wie eine Körper-Geist-Kommunikation.
Lowland-Colombian – haut Dich um, aber Du wirst nicht high davon. Anders ausgedrückt: Der narkotisierende Effekt verdeckt den psychoaktiven Effekt.
Jamaican – ist gut zum Bumsen – sehr stimulierend.
Hawaiian – hypnotische Intensität – ein extrem dramatisches Pot. Wenige Leute haben einen Joint zu Ende geraucht – Leute sitzen starr wie ein Denkmal durch die schiere Kraft des Stoffs – ein angeturntes Grass, Spitzenqualität – mental.
Wacky Weed – eine spezielle kolumbianische Sorte – produziert so viel Harz, dass es sich selbst erstickt und stirbt – daher ist es manchmal schwarz. Wacky Weed ist total. Es bringt Dich zum Lachen, führt alles ad absurdum, es reduziert Deinen Körper zu Gelee – nicht anti-intellektuell, aber nicht gerade cerebral. Erinnert mich irgendwie an Quaaludes; Wacky Weed ist physischer Stoff – ich habe Leute buchstäblich in Herz-Arrest gehen sehen.
Thai – gibt mir das Moment, vom Boden abzuheben und zu klettern.
Top Mexican – astral.
Ein anderer Marihuana-Gelehrter aus meinem Bekanntenkreis beschrieb die stärkeren Marihuana-Sorten wie folgt:
Punta Roja – von den Cali Hills in Kolumbien – dunkelgrün mit roten Streifen – wenig Geschmack, aber 8% THC – wahrhaft halluzinogen – eher psychedelisch als verwirrend.
Santa-Marta Gold – 6 bis 8% THC-stimulierend, macht Dich wirr – nicht psychedelisch wie Punta Roja.
Lowland Colombian (Colombian oder Paname Red) – rot bis rot-braun – aus der Llanos-Gegend und sonstwoher – schläfrig, narkotisch.
Colombian Green – aus der Choco-Gegend nahe der Grenze zu Panama. Sehr hohe Niederschläge dort. Fast schwarz – rauh im Hals – etwa wie gutes mexikanisches oder Hawaiianisches.
Hawaiian – gewöhnlich aus Thai-Samen gewachsen, also dem besten Thai gleichwertig.
Nepalese – rauch und nicht wohlschmeckend – also mach Hasch draus.
Thai – prima-halluzinogen – definitiv stärker als Colombian Gold.