Dr. Jyoti Mishra: Psychische Belastungen durch Waldbrände und Wege zur Bewältigung
Dr. Jyoti Mishra, stellvertretende Direktorin des UC Climate Change and Mental Health Council und außerordentliche Professorin für Psychiatrie an der University of California, San Diego, hat aus erster Hand erfahren, welchen Stress Waldbrände auslösen können. Obwohl ihre Stadt derzeit nicht direkt betroffen ist, hat ihre Familie aus Los Angeles Zuflucht bei ihr gesucht. „Wir sind froh, dass sie sicher hier sind“, sagte Mishra. Doch die Ungewissheit darüber, ob ihr Zuhause in LA verschont geblieben ist, sorgt für zusätzliche Belastung. Studien zeigen, dass diese Unsicherheit, kombiniert mit dem Verlust des Zuhauses oder der Gemeinschaft, erheblich zur Verschlechterung der psychischen Gesundheit beitragen kann.
Die langfristigen psychischen Auswirkungen von Waldbränden
Mishras Forschung zu den psychischen Auswirkungen des Camp Fire von 2018 in Nordkalifornien ergab, dass Menschen, die direkt betroffen waren, wesentlich häufiger unter Angstzuständen, Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen litten als diejenigen, die nicht betroffen waren. Sie erklärte: „Die ständige Bedrohung in der Umgebung kann es schwierig machen, sich zu konzentrieren oder klare Gedanken zu fassen.“ Besonders besorgniserregend ist, dass diese psychischen Probleme oft Monate oder sogar Jahre nach dem Ereignis bestehen bleiben.
Die Rolle von Rauch bei der Verschärfung der psychischen Belastung
Neben der direkten Gefahr durch Brände birgt auch der Rauch erhebliche Risiken. Dr. Yang Liu, Vorsitzender der Umweltgesundheit an der Rollins School of Public Health, stellte in einer Studie aus dem Jahr 2024 fest, dass es einen Zusammenhang zwischen der Belastung durch Rauch und einer Zunahme von Notaufnahmen aufgrund von Angststörungen gibt. Besonders Frauen, Mädchen und ältere Erwachsene sind betroffen. Liu rät dringend, sich so weit wie möglich vor Rauch zu schützen, Fenster geschlossen zu halten und HEPA-Filter zu nutzen, um die Luftqualität zu verbessern.
Kinder und ihre besondere Verwundbarkeit
Dr. Sabrina Renteria, Kinder- und Jugendpsychiaterin am Cedars-Sinai, erklärte, dass Kinder oft intuitiv die Anspannung der Erwachsenen um sie herum spüren und dadurch noch stärker verunsichert werden. Sie betont die Bedeutung von Ehrlichkeit im Umgang mit Kindern. „Erklären Sie Ihren Kindern, wie Sie sich fühlen, und sprechen Sie offen über die Situation“, sagte sie. Kinder sollten so schnell wie möglich wieder in ihre Routinen zurückkehren, um Stabilität zu erfahren. Sie wies auch darauf hin, dass Eltern und Erwachsene durch ihr eigenes Verhalten eine wichtige Vorbildfunktion für Kinder haben.
Bewältigungsstrategien für Erwachsene und Kinder
Dr. Mishra empfiehlt, Achtsamkeitsübungen und Atemtechniken zu praktizieren, um den Körper auf natürliche Weise zu beruhigen. „Das Stimulieren des Vagusnervs durch tiefes Atmen kann helfen, Angstreaktionen zu verringern und den gesamten Körper zu entspannen“, erklärte sie. Auch gemeinschaftliche Aktivitäten wie Freiwilligenarbeit oder Gespräche mit anderen Betroffenen können heilend wirken. Mishra betonte die Wichtigkeit, soziale Kontakte zu pflegen und sich nicht zu isolieren, da stärkere familiäre und gemeinschaftliche Bindungen die Resilienz steigern.
Die Bedeutung kollektiver Heilung
Neben individuellen Bewältigungsstrategien ist auch die kollektive Heilung ein zentraler Aspekt, so Mishra. Sie ermutigt dazu, Betroffenen praktische Unterstützung zu leisten, etwa durch Spenden für Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten. „Es geht darum, ihre Grundbedürfnisse zu decken, damit sie sich auf den Wiederaufbau konzentrieren können“, erklärte sie. Mishra warnt zudem davor, Katastrophen ausschließlich in einem „Doom-and-Gloom“-Rahmen zu betrachten. Stattdessen sollten solche Ereignisse als Chance gesehen werden, sich auf gemeinschaftliche Lösungen und Resilienz zu konzentrieren. „Mit dem Klimawandel werden solche Ereignisse immer häufiger, und sie können eines Tages uns alle betreffen“, sagte sie.
Fazit: Gemeinsam stark in schwierigen Zeiten
Waldbrände sind nicht nur eine physische, sondern auch eine psychische Herausforderung. Indem wir achtsam mit uns selbst und anderen umgehen, können wir gemeinsam Wege finden, diese Belastungen zu bewältigen. Ob durch Achtsamkeit, Gemeinschaftsarbeit oder praktische Hilfe – jede Handlung zählt, um Resilienz zu fördern und den Betroffenen Hoffnung zu geben.