Gemeinsam gegen Gebärmutterhalskrebs: Innovative Ansätze und lokale Lösungen
Magdalena Rothova: Eine Kämpferin für Vorsorge und Aufklärung
Magdalena Rothova steht an vorderster Front im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs in der EU. Als Leiterin der slowakischen Nichtregierungsorganisation Association for Culture, Education and Communication (ACEC) widmet sie sich der Aufklärung in Roma-Gemeinschaften im Osten der Slowakei. Ihr Ziel ist es, Frauen davon zu überzeugen, dass Vorsorgeuntersuchungen sicher, unkompliziert und vor allem lebensrettend sein können.
Doch die Arbeit ist nicht einfach. Viele Frauen in diesen Gemeinschaften sind misstrauisch gegenüber Ärzten und haben unbegründete Ängste vor den Konsequenzen eines Tests. „Eine weit verbreitete Sorge ist, dass ein Test ihre Fruchtbarkeit beeinträchtigen könnte“, erklärt Rothova. Diese kulturellen und physischen Barrieren sind oft schwer zu durchbrechen – genau hier setzt ihre Organisation an.
Gebärmutterhalskrebs: Eine globale Herausforderung
Gebärmutterhalskrebs ist weltweit eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. Laut Daten von 2020 gab es in der EU mehr als 30.000 neue Fälle und über 13.000 Todesfälle. Weltweit sind die Zahlen alarmierend: Mehr als 600.000 Frauen erkrankten, und 340.000 starben an dieser vermeidbaren Krankheit. Besonders betroffen sind Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, in denen der Zugang zu Vorsorge und Behandlung oft begrenzt ist.
Die Erkrankung entsteht durch Zellveränderungen im Gebärmutterhals, die durch das Humane Papillomavirus (HPV) ausgelöst werden. Frühzeitige Vorsorgeuntersuchungen sind entscheidend, da präkanzeröse Zellen entfernt werden können, bevor sich ein Tumor bildet. Doch viele Frauen in ländlichen oder benachteiligten Regionen scheuen den Arztbesuch – aus Angst, Zeitmangel oder finanziellen Gründen.
PRESCRIP-TEC: Selbsttests für schwer erreichbare Gemeinschaften
Selbsttests als Schlüssel zur Vorsorge
Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts PRESCRIP-TEC hat Rothovas Organisation einen innovativen Ansatz eingeführt: Selbsttests für Gebärmutterhalskrebs. Über einen Zeitraum von drei Monaten im Jahr 2023 wurden mehr als 2.000 Proben in Roma-Gemeinschaften in der Slowakei gesammelt. Frauen konnten den Test zu Hause durchführen, indem sie einen Abstrich mit einem Wattestäbchen nahmen, der anschließend von Gesundheitshelfern ins Labor geschickt wurde.
„Viele Frauen haben Hürden, die sie vom Arztbesuch abhalten – sei es der Zeitaufwand, die Kosten für die Anreise oder einfach die Angst“, sagt Rothova. „Ein Selbsttest zu Hause nimmt den meisten diese Sorgen.“
Erfolg durch Vertrauen und Bildung
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg war das Engagement der 21 Gesundheitshelferinnen, die das Vertrauen der Frauen gewannen und ihnen die Bedeutung der Vorsorge erklärten. Gleichzeitig wurden die Frauen durch gezielte Social-Media-Kampagnen über die Risiken von Gebärmutterhalskrebs und die Vorteile von Tests informiert.
Ergebnisse und nächste Schritte
Insgesamt sammelte das PRESCRIP-TEC-Projekt 35.000 Proben in der Slowakei, Bangladesch, Indien und Uganda. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede in der HPV-Prävalenz: Während etwa 21 % der Frauen in Uganda betroffen waren, lag die Rate in der Slowakei bei 11 % und in ländlichen Regionen Indiens und Bangladeschs bei nur 2 %. Frauen mit positivem Testergebnis wurden an Kliniken überwiesen, wo präkanzeröse Zellen schmerzlos entfernt werden konnten.
„Es ist eine der wenigen Krebsarten, die durch frühe Vorsorge praktisch eliminiert werden könnte“, erklärt Dr. Jaap Koot, der das Projekt leitete.
ELEVATE: Tragbare Labore für Sofortergebnisse
Mobiles Screening in schwer zugänglichen Regionen
Das EU-finanzierte Projekt ELEVATE, geleitet von Professor Olivier Degomme an der Universität Gent, geht noch einen Schritt weiter: Es entwickelt ein tragbares Labor, das Ergebnisse direkt vor Ort liefern kann. Diese Technologie könnte die Vorsorge in abgelegenen Regionen revolutionieren, da keine Proben mehr ins Labor geschickt werden müssen.
Das tragbare Labor passt in einen Rucksack und kann von Gesundheitshelfern in entlegene Dörfer getragen werden. Innerhalb einer Stunde kann das System nicht nur HPV-Infektionen erkennen, sondern auch Proteine testen, die auf eine mögliche Krebsentwicklung hinweisen.
„Wir wollen, dass der Test differenziert ist“, sagt Degomme. „Eine Frau könnte eine Infektion haben, aber keinen Krebs. Dieser Unterschied ist entscheidend.“
Der menschliche Faktor
Wie bei PRESCRIP-TEC spielen auch hier Gesundheitshelfer eine zentrale Rolle. Sie können den Frauen vor Ort erklären, was die Ergebnisse bedeuten, und bei Bedarf sofort eine Überweisung für weitere Behandlungen ausstellen. „Unser Ziel ist es, Vorsorge weltweit zugänglich zu machen – ohne dass eine Frau zurückgelassen wird“, betont Degomme.
HPV-Impfung: Ein globaler Ansatz zur Krebsprävention
Seit 2006 steht eine HPV-Impfung zur Verfügung, die das Risiko einer Infektion drastisch reduziert. Doch in vielen einkommensschwachen Ländern fehlt es weiterhin an Zugang zu dieser wichtigen Präventionsmaßnahme. Die Weltgesundheitsorganisation hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, Gebärmutterhalskrebs bis Ende dieses Jahrhunderts zu eliminieren. Durch eine Kombination aus Impfungen, regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen und der Behandlung betroffener Frauen könnte dieses Ziel schneller erreicht werden.
„Unser Ziel ist es, die Krebsrate bis 2040 um 50 % zu senken und die Krankheit innerhalb von 60 Jahren vollständig auszurotten“, sagt Koot.
Ein Blick in die Zukunft: Kein Krebs mehr durch Vorsorge
Die Projekte PRESCRIP-TEC und ELEVATE zeigen, dass innovative Ansätze und lokale Lösungen die Vorsorge gegen Gebärmutterhalskrebs entscheidend verbessern können. Selbsttests und tragbare Labore nehmen Barrieren, während Gesundheitshelfer das nötige Vertrauen schaffen. Zusammen mit der HPV-Impfung könnten diese Maßnahmen die Krankheit in den kommenden Jahrzehnten eliminieren.
Durch engagierte Forschung, Zusammenarbeit und den Einsatz neuer Technologien wird eine Zukunft ohne Gebärmutterhalskrebs greifbar – eine Zukunft, in der keine Frau zurückgelassen wird.
Informationsquelle: who . int