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Ukrainischer Gesundheitsminister über die Auswirkungen des Krieges – verbesserte Rehabilitation und psychische Gesundheit

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Ukrainischer Gesundheitsminister spricht über den Einfluss des Krieges auf das Gesundheitssystem
In einem exklusiven Interview mit Euronews sprach der ukrainische Gesundheitsminister Viktor Liashko darüber, wie der Krieg in der Ukraine das Gesundheitssystem verändert hat – von Bluttransfusionen bis hin zu einer wachsenden Krise im Bereich der psychischen Gesundheit. Die Invasion Russlands im Jahr 2022 hat das Gesundheitswesen des Landes erheblich belastet, insbesondere für Menschen, die lebensverändernde Verletzungen und Traumata erlitten haben.

Kapazitätssteigerung und Ausbau der Rehabilitation
Liashko hob hervor, dass der Krieg Verbesserungen in Bereichen wie Bluttransfusionen und rekonstruktiver Chirurgie erzwungen hat. Die Kapazität für Rehabilitationsmaßnahmen hat sich während der zwei Jahre des umfassenden Krieges von 2.500 auf 12.000 Sitzungen pro Tag vervielfacht. Zu den neuen spezialisierten Einrichtungen gehören orthopädische Kliniken wie „Superhumans“ in der Region Lwiw, die jährlich über 3.000 Patienten betreuen und mehr als 100 Spezialisten beschäftigen. Bis 2025 ist geplant, in sechs Regionen tätig zu sein.

Ein zentrales Anliegen der Rehabilitationsbemühungen ist es, die öffentliche Wahrnehmung von kriegsbedingten Behinderungen zu verändern, so der Minister. „Wir schaffen Bewusstsein dafür, dass das Leben nach dem Verlust eines Arms oder Beins nicht endet“, erklärte Liashko und fügte hinzu, dass eine Prothese sogar als Symbol für Ehre und Opferbereitschaft stehen könne. „Eine Prothese könnte symbolisieren, dass sie ihr Land verteidigt haben, und sie können sie stolz tragen.“

Veränderung der Wahrnehmung von psychischer Gesundheit
Auch die Einstellung zur psychischen Gesundheit hat sich verändert, da ihre Bedeutung sowohl für Soldaten an der Front als auch für Zivilisten zunehmend betont wurde. „Wir haben die Terminologie in unseren Kommunikationsmaßnahmen geändert und sprechen jetzt von psychischer Gesundheit anstatt von psychiatrischer Gesundheit, um das Stigma zu überwinden und die Menschen zu ermutigen, sich an Fachleute zu wenden“, sagte Liashko.

Die Menschen in der Ukraine stehen unter enormem psychischen Druck, der bereits mit der COVID-19-Pandemie begann und sich durch die täglichen Belastungen des Krieges verstärkte – ständige Luftangriffe, Kinder, die in Schutzräumen geboren und unterrichtet werden, und Familien, die durch den Konflikt getrennt sind. „Es gibt Kinder in der fünften Klasse, die noch nie einen Lehrer persönlich gesehen haben“, so Liashko.

Präventionsmaßnahmen zur Unterstützung der psychischen Gesundheit
Die Regierung hat Pilotprojekte zur Förderung der psychischen Gesundheit gestartet, die sich an Hausärzte, Lehrer und andere Fachkräfte richten, um Menschen mit emotionalen Belastungen zu unterstützen. „Unsere Hauptaufgabe ist es, emotionale Störungen daran zu hindern, sich zu psychiatrischen Erkrankungen zu entwickeln, da unser Gesundheitssystem nicht in der Lage ist, diese in großem Umfang zu bewältigen“, betonte Liashko.

Digitale Transformation inmitten des Krieges
Während sich die Ukraine auf ihren dritten Winter unter russischem Beschuss vorbereitet, bleibt das Gesundheitssystem unter Druck. „Es gibt zahlreiche Herausforderungen, die wir sicher überwinden werden. Aber das Wichtigste ist heute, Putin zu stoppen“, sagte Liashko.

Ein zentrales Problem ist die ständige Notwendigkeit von Bluttransfusionen. Die Ukraine hat kürzlich eine Echtzeit-Online-Plattform für Blutspender eingerichtet, die aktuelle Informationen zu den Reserven in verschiedenen Regionen bietet und es den Behörden ermöglicht, Engpässe bei bestimmten Blutgruppen gezielt anzugehen. „Wir können überwachen, woher das Blut kommt und wer es erhält. Es ist möglich, gezielte Anfragen an Spendergruppen zu senden, wenn ein bestimmter Bestandteil fehlt“, fügte Liashko hinzu.

Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems
Trotz des andauernden Krieges macht das ukrainische Gesundheitssystem weiterhin Fortschritte bei der Digitalisierung. Liashko hob Verbesserungen bei elektronischen Patientenakten hervor, darunter digitale Rezepte sowie Erinnerungen für Vorsorgeuntersuchungen und Termine. Mit über 35 Millionen Nutzern und fast 100 digitalen Projekten pro Jahr bleibt die Umsetzung jedoch eine Herausforderung. „Obwohl der Krieg das System kritisch beeinflusst hat, haben wir keine digitalen Lösungen gestoppt und setzen den Weg fort, den wir zuvor eingeschlagen haben“, erklärte der Minister.

Informationsquelle: who . int