Start Alkoholabhängigkeit Alkoholkonsum in Europa: Rückgang, Risiken und die Herausforderungen der Gesundheitsprävention

Alkoholkonsum in Europa: Rückgang, Risiken und die Herausforderungen der Gesundheitsprävention

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Alkoholkonsum in der EU: Ein schrittweiser Rückgang und seine Auswirkungen
Der Alkoholkonsum in der Europäischen Union (EU) hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Zwischen 2010 und 2020 ging der Alkoholkonsum pro Kopf um 0,5 Liter zurück. Dennoch bleibt der Konsum in vielen Ländern auf einem relativ hohen Niveau. Die Lebensgewohnheiten haben sich zwar vielerorts geändert, doch es gibt auch Länder, in denen der Alkoholkonsum gestiegen ist. Trotz der Bemühungen von Gesundheitsbehörden und Aufklärungskampagnen, den Alkoholkonsum zu reduzieren, stellt er nach wie vor eine signifikante Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar.

Alkoholkonsum und seine gesundheitlichen Risiken
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit Jahren davor, dass es keinen sicheren Alkoholkonsum gibt. Jede Menge Alkohol birgt das Risiko, gesundheitliche Probleme zu verursachen, darunter Lebererkrankungen, Herz-Kreislauf-Probleme und ein erhöhtes Risiko für Krebs. Auch psychische Erkrankungen wie Depressionen können durch regelmäßigen oder übermäßigen Alkoholkonsum begünstigt werden.

Trotz dieser klaren Warnungen bleibt Alkohol ein fester Bestandteil der europäischen Kultur. Kampagnen wie „Dry January“, bei denen Menschen dazu aufgerufen werden, im Januar auf Alkohol zu verzichten, gewinnen zwar an Popularität, doch die Zahlen zeigen, dass sich die tief verwurzelten Trinkgewohnheiten nur langsam verändern.

Der langfristige Abwärtstrend in Europa
Seit den 1980er Jahren ist der Alkoholkonsum in der EU insgesamt zurückgegangen. Damals lag der Pro-Kopf-Konsum bei 12,7 Litern reinem Alkohol pro Jahr. Bis zum Jahr 2020 sank dieser Wert auf 9,8 Liter, was einem Rückgang von 23 % entspricht. Ein Großteil dieses Rückgangs ereignete sich zwischen 1980 und 2000, als der Alkoholkonsum um mehr als 2 Liter pro Kopf zurückging. Allerdings hat sich dieser Trend in den letzten zwei Jahrzehnten verlangsamt. Zwischen 2010 und 2020 fiel der Konsum lediglich um 0,5 Liter.

Die WHO-Region Europa, die 53 Länder umfasst, einschließlich Russland und einiger osteuropäischer Staaten, verzeichnete ebenfalls einen deutlichen Rückgang im Alkoholkonsum. Der Konsum sank von 12 Litern im Jahr 2000 auf 9,5 Liter im Jahr 2020, was einem Rückgang von 21 % entspricht. Trotz dieses Rückgangs hat die Region immer noch den höchsten Pro-Kopf-Konsum weltweit. Jede Person ab 15 Jahren trinkt in der Region im Durchschnitt 9,5 Liter reinen Alkohol jährlich, was etwa 190 Litern Bier, 80 Litern Wein oder 24 Litern Spirituosen entspricht.

Ländervergleich: Unterschiede im Alkoholkonsum
In der EU gibt es deutliche Unterschiede im Alkoholkonsum zwischen den Ländern. Deutschland, das eine der größten Bevölkerungen und die stärkste Wirtschaft der EU hat, verzeichnete im Jahr 2020 einen Pro-Kopf-Konsum von 10,6 Litern reinem Alkohol, was über dem EU-Durchschnitt von 9,8 Litern liegt.

Länder wie Spanien (7,8 Liter) und Italien (7,7 Liter) liegen hingegen deutlich darunter. Lettland verzeichnete im gleichen Jahr mit 12,1 Litern den höchsten Alkoholkonsum in der Region. Auf der anderen Seite konsumierte Türkei im Jahr 2020 nur 1,2 Liter pro Kopf, was auf die religiöse und kulturelle Zurückhaltung gegenüber Alkohol zurückzuführen ist.

Insgesamt sank der Alkoholkonsum in 25 Ländern der EU zwischen 2010 und 2020, während er in 11 Ländern anstieg. Irland und Litauen verzeichneten mit einem Rückgang von jeweils 2,1 Litern die größten Rückgänge. Auch Länder wie Spanien, Griechenland, die Niederlande, Frankreich und Finnland verzeichneten Rückgänge von über 1,5 Litern.

In anderen Ländern stieg der Konsum jedoch an. Lettland verzeichnete den größten Anstieg mit 2,3 Litern mehr pro Kopf zwischen 2010 und 2020. Auch Bulgarien, Malta, Rumänien und Polen verzeichneten einen Anstieg um jeweils etwa 1 Liter.

Unterschiede nach Geschlecht und Bildungsniveau
Der Alkoholkonsum unterscheidet sich deutlich nach Geschlecht und Bildungsniveau. In der EU trinken Männer in der Regel mehr als Frauen, und der Anteil derjenigen, die regelmäßig stark trinken, ist bei Männern viel höher. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2019 gaben 26,6 % der Männer an, mindestens einmal im Monat stark episodisch zu trinken (definiert als das Trinken von 60 Gramm oder mehr reinem Alkohol bei einer Gelegenheit). Im Vergleich dazu gaben nur 11,4 % der Frauen an, in diesem Zeitraum stark zu trinken.

Die höchsten Raten episodischen Trinkens bei Männern wurden in Ländern wie Rumänien, Dänemark, Luxemburg und Deutschland festgestellt, während Frauen in Dänemark, Luxemburg, Deutschland und Irland die höchsten Raten aufwiesen. In Ländern wie Irland, Island und Deutschland ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen beim starken Trinken relativ gering. In anderen Ländern, wie der Türkei und Zypern, ist der Unterschied besonders groß, wo Männer weitaus häufiger als Frauen stark trinken.

Auch der Bildungsgrad beeinflusst den Alkoholkonsum. Menschen mit höherem Bildungsniveau neigen dazu, häufiger und in größeren Mengen zu trinken. In Ländern wie Lettland, Griechenland und Litauen ist diese Differenz besonders stark ausgeprägt. Dies könnte teilweise darauf zurückzuführen sein, dass Alkohol für Menschen mit höherem Einkommen leichter erschwinglich ist. Allerdings zeigt die Forschung, dass Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status häufiger unter den gesundheitlichen Folgen von Alkohol leiden.

Maßnahmen zur Reduzierung des Alkoholkonsums
Viele europäische Länder haben eine Reihe von Politiken eingeführt, um den Alkoholkonsum zu senken. Diese beinhalten Steuererhöhungen, Einschränkungen der Verfügbarkeit von Alkohol und Werbeverbote. Länder wie Schottland haben eine Mindestpreisstrategie für Alkohol eingeführt, um übermäßigen Konsum zu bekämpfen. Diese Maßnahmen haben sich in gewissem Maße als wirksam erwiesen, doch laut der OECD wird ihre Umsetzung oft durch unzureichende Durchsetzung behindert.

Gibt es einen sicheren Alkoholkonsum?
Gesundheitsexperten sind sich einig, dass es keine sichere Menge an Alkohol gibt. Dr. Carina Ferreira-Borges von der WHO betont, dass das Risiko für die Gesundheit bereits mit dem ersten Tropfen beginnt. Jede Menge Alkohol kann gesundheitsschädlich sein, und das Risiko steigt mit jeder weiteren Einheit, die konsumiert wird. Das bedeutet, dass je weniger Alkohol eine Person trinkt, desto sicherer ist es für ihre Gesundheit.

Trotzdem ist die Menge des Alkohols, die konsumiert wird, von Bedeutung. Ferreira-Borges erklärt, dass das Risiko exponentiell zunimmt, je mehr Alkohol eine Person trinkt. Daher lautet die klare Botschaft der Gesundheitsbehörden: Weniger ist besser.

Schlussfolgerung: Herausforderungen und Ausblick
Obwohl der Alkoholkonsum in Europa rückläufig ist, bleibt die Region weltweit führend beim Pro-Kopf-Konsum von Alkohol. Die kulturellen und sozialen Einflüsse auf das Trinkverhalten sind tief verwurzelt, und es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern. Besonders in Ländern mit niedrigeren Bildungs- und Einkommensniveaus ist das Risiko für gesundheitliche Schäden durch Alkohol besonders hoch.

Die Herausforderung für die europäischen Gesundheitsbehörden besteht darin, effektive Maßnahmen zu entwickeln, die den Konsum weiter senken und die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken minimieren. Dies erfordert sowohl politische Lösungen als auch eine breite Aufklärung der Bevölkerung über die gesundheitlichen Gefahren des Alkoholkonsums.

Informationsquelle: who . int